Dr. med. Dirk Manski

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Harnblasensteine: Ursachen, Diagnose und Therapie

Definition von Harnblasensteinen

Häufige Form der Urolithiasis im unteren Harntrakt mit Ausbildung von Harnsteinen in der Harnblase (Bartosh, 2004) (Schwartz und Stoller, 2000).


Harnblasensteine in der Abdomenübersichtsaufnahme (oben). Die massiv vergrößerte Prostata verdrängt die Steine nach kranial. Präparat der gleichen Harnblasensteine nach operativer Entfernung (unten). Mit freundlicher Genehmigung, Prof. Dr. R. Harzmann, Augsburg.
Abb. Sonographie eines Harnblasensteins

Epidemiologie und Ätiologie der Harnblasensteine

Endemische Harnblasensteine:

Mangelernährung in Entwicklungsländern verursacht bei Kindern ohne Anwesenheit von neurologischen Erkrankungen oder Harnblasenentleerungsstörungen Harnblasensteine. Betroffene Gebiete sind v. a. Nordafrika, der mittlere und ferne Osten. Häufig erkranken Jungen unter 10 Jahren an Harnblasensteinen, da Mädchen aufgrund ihrer kurzen Urethra sandige Vorstufen besser ausscheiden können.

Eine Ernährung arm an tierischen Proteinen und hauptsächlich aus Getreide bestehend ist ursächlich für die Harnblasensteinentstehung. Weitere begünstigende Faktoren sind Dehydratation und eine verminderte Phosphatzufuhr. Es entstehen meist Ammoniumuratsteine mit oder ohne Calcium-Oxalat oder Calcium-Phosphat.

Sekundäre Harnblasensteine:

in entwickelten Ländern sind sekundäre Harnblasensteine die Regel und verursachen 5 % der Urolithiasis. Risikofaktoren sind die Urinstase, rezidivierende Harnwegsinfektionen, Fremdkörper und intestinale Mukosa im Harntrakt.

Subvesikale Obstruktion und Harnblasensteine:

die Restharnbildung (Urinstase), ausgelöst z. B. durch die Benigne Prostatahyperplasie oder neurogene Harnblasenentleerungstörungen, ist die häufigste Ursache für Harnblasensteine (75 %). Es entstehen Steine aus Harnsäure, Kalziumoxalat oder Magnesium-Ammonium-Phosphat (Infektstein). Betroffen sind vor allem Männer über 50 Lebensjahre.

Harnwegsinfektionen und Katheterisierung:

rezidivierende oder chronische Harnwegsinfektionen mit ureasebildenden Bakterien führen zur Bildung von Magnesium-Ammonium-Phosphat-Steinen.

Rückenmarksverletzte Patienten mit Dauerkatheter haben im Vergleich zur katheterfreien Versorgung ein 9-faches Risiko für Harnblasensteine. Bei intermittierender Selbstkatheterisierung (CIC) oder Kondomurinal ist das Risiko für Harnblasensteine 4-fach gesteigert.

Fremdkörper:

selbsteingeführte, iatrogene oder wandernde Fremdkörper mit Kontakt zum Urin erzeugen Harnblasensteine. Beispiele für iatrogene Ursachen: Fadenmaterial, Ligaturclips, Katheter, Ureterstents und durch Migration intrauterine Spirale oder andere iatrogene Fremdkörper in der Nähe der Harnblase.

Harnableitung und Harnsteine:

die Häufigkeit der Harnsteinformation (4–48 %) ist abhängig von der Art der Harnableitung. Harnsteine entstehen dreimal häufiger bei kontinenten als bei inkontinenten Harnableitungen. Risikofaktoren sind Urinstase, Schleimproduktion, Harnwegsinfektionen, Fremdmaterial (Clips, nicht resorbierbares Nahtmaterial), Katheterversorgung und metabolische Störungen. In der Regel entstehen Magnesium-Ammonium-Phosphat-Steine (Infektsteine).

Klinik von Harnblasensteinen

Kindliche Beschwerden bei endemischen Harnblasensteinen:

Bauchschmerzen, unterbrochener Harnstrahl, Manipulation und Ziehen am Penis, Dysurie, Algurie, häufiger Harndrang. Die Beschwerden sind häufig länger bestehend.

Beschwerden bei sekundären Harnblasensteinen:

Die Mehrzahl der Harnblasensteine verursachen keine zusätzlichen Beschwerden neben der verursachenden Harnblasenstörung. Typisch sind rezidivierende Harnwegsinfektionen, Dysurie, Algurie, unterbrochener Harnstrahl oder Harnverhalt.

Diagnostik der Harnblasensteine

Sonographie:

Harnblasensteine erzeugen eine echogene Raumforderung in der Harnblase mit dorsalem Schallschatten, insbesondere mit gefüllter Harnblase zuverlässig erkennbar. Nach Umlagerung des Patienten sollten sich die Harnblasensteine entsprechend der Schwerkraft bewegen.


Sonographie eines Harnblasensteins: echogene Raumforderung mit dorsalem Schallschatten. Mit freundlicher Genehmigung, Prof. Dr. R. Harzmann, Augsburg.
Abb. Sonographie eines Harnblasensteins

Abdomenübersichtsaufnahme:

viele Harnblasensteine sind röntgendicht, manche werden jedoch durch Darmgasüberlagerung verdeckt oder sind nicht schattengebend [Abb. Harnblasensteine in der Abdomen Übersichtsaufnahme].

Zystogramm:

nicht schattengebende Harnblasensteine können durch Kontrastmittelaussparungen entdeckt werden [Abb. Zystogramm mit Harnblasensteinen].


Zystogramm Harnblasendivertikeln bei der benignen Prostatahyperplasie (BPH)
Zystogramm bei BPH und multiplen Harnblasendivertikeln: im großen rechten Divertikel befindet sich ein Harnblasenstein, erkennbar durch die Doppelkonturierung. Mit freundlicher Genehmigung, Dr. R. Gumpinger, Kempten.

Computertomographie:

ohne Kontrastmittel eine sehr genaue Methode in der Diagnose von Harnsteinen.

Zystoskopie:

Die Zystoskopie ist eine zuverlässige Methode in der Diagnose von Harnblasensteinen und ist ebenso notwendig für die Therapieplanung (Prostatagröße? Harnblasendivertikel? Harnröhrenstriktur?).

Therapie von Harnblasensteinen

Die Mehrheit der Harnblasensteine können endoskopisch therapiert werden. Die Therapieoptionen werden durch die Anatomie, Harnsteinursache, Begleiterkrankungen oder Steingröße beeinflusst.

ESWL:

die ESWL ist eine Therapieoption für Kinder oder Patienten mit zu hohem Narkoserisiko. Ohne Therapie der auslösenden Ursache hohe Rezidivgefahr.

Transurethrale Lithotripsie:

Zur Auswahl stehen die mechanische oder lasergestützte Lithotripsie, siehe Technik und Komplikationen der Harnblasensteinlithotripsie. Je nach Verlauf der Operation kann die operative Therapie der BPH (falls indiziert) im Anschluss durchgeführt werden.

Perkutane Zystolithotomie:

Indiziert bei Kindern zur Schonung der Harnröhre oder bei signifikanter Steinlast. Nach perkutaner Punktion der Harnblase und Einlegen eines starren Arbeitsdrahtes wird ein Arbeitstrakt mit 24–36 CH aufdilatiert. Analog zur PNL werden die Steine fragmentiert und entfernt, siehe Perkutane Nephrolithotomie.

Sectio alta:

die Abwägung zwischen einer endoskopischen Harnblasensteinlithotripsie oder einer offenen Sectio alta ist abhängig von der Größe der Steine, Anzahl der Steine und von der Prostatagröße, wenn eine zeitgleiche operative BPH-Therapie angestrebt wird. Technik und Komplikationen siehe Abschnitt Sectio alta.

Endemische Harnblasensteine:

neben der chirurgischen Entfernung (s. o.) verhindert eine Ernährungsumstellung (vermehrt Proteine, gemischte Getreidediät) ein Wiederauftreten der Harnblasensteine.







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Literatur

Bartosh, S. M. Medical management of pediatric stone disease.
Urol Clin North Am, 2004, 31, 575-87

Schwartz, B. F. & Stoller, M. L. The vesical calculus.
Urol Clin North Am, 2000, 27, 333-346



  English Version: Urinary bladder stones