Dr. med. Dirk Manski

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Ureterduplikatur: doppelter Harnleiter oder Doppelniere

Definitionen der Ureterduplikatur und Doppelniere

Die Ureterduplikatur ist eine anatomische Normvariante des Ureters (doppeltes Hohlsystem) mit großer Variabilität [Varianten der Doppelniere]:

Ureter duplex:

Doppelniere mit kompletter Harnleiterduplikatur mit zwei Nierenbecken, Ureter und zwei Ostien.

Ureter fissus oder bifidus:

Doppelniere mit inkompletter Harnleiterduplikatur und gemeinsamen Ostium.

Pelvis bifidus:

Doppelniere mit Vereinigung der zwei Nierenbecken am pyeloureteralen Übergang.

Inverse Y-Ureterduplikatur:

Zwei getrennte Ureteranlagen mit eigenen Ostien fusionieren auf dem Weg zum metanephrogenen Blastem, es resultiert nur eine Nierenanlage. Sehr selten.

Uretertriplikatur:

Drei eigenständige Ureter mit drei Ostien oder inkomplette Uretertriplikatur mit zwei Ostien oder einem Ostium (Entstehung siehe Ureter fissus).

Unterschiedliche Ausprägungen der Doppelniere (Ureterduplikatur): Ureter duplex (links), Ureter fissus (mitte) und Pelvis bifidus (rechts).
Ausprägungen der Ureterduplikatur: doppelter Harnleiter, Doppelniere, Ureter duplex und Ureter fissus

Epidemiologie des doppelten Hohlsystems

Prävalenz 1:150 (0,7 %).

Ätiologie der Doppelniere

Zwei Ureterknospen:

Ursächlich für eine komplette Ureterduplikatur sind zwei Ureterknospen am Wolff-Gang. Aus den zwei Ureterknospen entsteht ein doppelter Harnleiter mit einer Doppelniere in einer gemeinsamen Nierenkapsel. Durch die Rotation der Ostienplatte und des Wolff-Gangs um 180 Grad drainiert der laterale (kraniale) Ureter das Unterpolsystem, der mediale (kaudale) Ureter das Oberpolsystem der Doppelniere. Diese Gesetzmäßigkeit wird Meyer-Weigert-Regel genannt.

Spätere Teilung der Ureterknospe:

Inkomplette Ureterduplikaturen entstehen durch eine spätere Teilung der Ureterknospe auf ihrem Weg zum metanephrogenen Blastem.

Kelchanzahl:

im Vergleich zu einer Einzelniere mit 8–9 Kelchen besitzt die Doppelniere 11–12 Kelche. Das Oberpolsystem ist kleiner mit durchschnittlich 3–4 Kelchen.

Pathogenese doppelter Harnleiter:

Bei Ureter duplex kann durch vesikoureteralen Reflux oder Harnstau eine Infektneigung entstehen. Eine erhöhte Infektneigung kann bei Ureter fissus durch Pendelurin zwischen den beiden Y-Schenkeln entstehen (selten).

Symptome der Doppelniere

Diagnostik der Ureterduplikatur

Sonographie:

Ohne assoziierte Fehlbildungen wird oft ein Normalbefund erhoben. Eine Doppelniere kann durch einen prominenten Parenchymzapfen im Mittelgeschoss mit zwei separaten Sinus renales erahnt werden [Abb. Sonographie Doppelniere ohne Harnstau]. Einfacher ist die Detektion einer Doppelniere mit Ureterozele oder Harnstau, wobei oft der oberere Anteil betroffen ist [Abb. Sonographie Doppelniere mit Harnstau].

Abbildung Sonographie Doppelniere ohne Harnstau
Doppelniere ohne Harnstau: typischer sonographischer Befund.
Doppelniere mit Harnstau: Sonographie eines gestauten oberen Nierensystem bei Ureter duplex aufgrund eines Harnleitersteins.
Doppelsystem der Niere Sonographie Ureter duplex

Urogramm:

Im Urogramm ist der Ureter duplex oft Zufallsbefund im Rahmen der Diagnostik anderer Erkrankungen [Abb. Ureter duplex im Urogramm]. Bei schlechter Funktion des oberen Nierenanteils fehlt die Darstellung im Urogramm [Abb. dropping lily sign] oder der Oberpolharnleiter kontrastiert sich erst später. Hinweise auf einen nicht kontrastierenden oberen Anteil erhält man aus der geringeren Anzahl an dargestellten Kelchen und dem größeren Abstand der Nierenanlage zur Wirbelsäule. Der untere Ureter verläuft geschlängelt, in der Harnblase kann manchmal eine Ureterozele abgegrenzt werden.


Ureter duplex links im Urogramm: beide Nierenanteile stellen sich ohne Harnstau dar. Die Beschwerden des Patienten wurden nicht vom Harntrakt verursacht. Zu beachten ist die links paravertebrale abdominelle Raumforderung (*), welche durch einen asymmetrischen Psoasschatten und Verdrängung der Harnleiter nach links auffällt. Als Ursache konnte ein abdominelles Aortenaneurysma identifiziert werden. Mit freundlicher Genehmigung, Dr. G. Antes, Kempten.
Abbildung Ureter duplex im Urogramm Doppelsystem der Nieren Harnleiter


Ureterektopie mit Ureter duplex links im Urogramm: der Harnleiter des funktionslosen Oberpolsystems mündete in die prostatische Harnröhre. Die massive Hydronephrose des Oberpolsystems (angedeutet mit * und einliegende Nierenfistel) führte zu einer kaudalen Verdrängung der unteren Kelchgruppen (dropping lily sign). Mit freundlicher Genehmigung, Dr. N. Dreger und Prof. Dr. S. Roth, Wuppertal.
Abbildung Ureter duplex mit dropping lily sign (funktionsloses Oberpolsystem)


MCU:

Das Miktionszysturethrogramm ist indiziert bei rezidivierenden Infekten oder bei Ektasie des Hohlsystems. Eine mögliche Ureterozele ist vor allem in der frühen Füllungsphase nachweisbar. Ein Reflux in den unteren Nierenanteil ist bei einem Doppelsystem in 50 % nachweisbar.

Endoskopie:

Zystoskopie, retrograde Pyelographie und ggf. URS je nach Beschwerden und Befunden.

Nierenfunktionsszintigraphie:

Getrennte Bestimmung der Funktion des oberen und unteren Nierenanteils zur weiteren Therapieplanung durch eine Nierenszintigraphie.

Therapie des doppelten Ureter

Die Harnleiterduplikatur oder die Doppelniere ist eine Normvariante und damit nicht therapiepflichtig. Die begleitenden Fehlbildungen und Beschwerden lenken die Therapie (vesikoureteraler Reflux, Ureterozele, Ureterektopie, rezidivierende Harnwegsinfektionen, Harnstau).









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  English Version: Duplex kidney and ureteral duplication