Dr. med. Dirk Manski

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Cushing-Syndrom: Diagnose und Therapie des Hyperkortisolismus

Definition des Cushing-Syndroms und des Morbus Cushing

Das Cushing-Syndrom ist ein Symptomkomplex, ausgelöst durch einen Überschuss an Glukokortikoiden (Hyperkortisolismus). Der Morbus Cushing definiert den Hyperkortisolismus ausgelöst durch einen ACTH-produzierenden Hypophysentumor.

Epidemiologie

Prävalenz 5–6/100 000, Verhältnis Frauen zu Männern beträgt 3:1, Erkrankungsbeginn 30–50 Jahre.

Ätiologie (Ursachen) des Cushing-Syndroms

Überproduktion von ACTH:

ACTH-unabhängig:

Klinik des Cushing-Syndroms

Labor-Diagnose des Cushing-Syndroms

Nächtlicher Cortisol-Speicheltest:

Mittel der Wahl zur Bestätigung des Hyperkortisolismus ist der nächtliche Speicheltest mit Bestimmung von Cortison und Cortisol im Speichel zwischen 23 und 24 Uhr. Der Speicheltest ist einfacher und zuverlässiger als die Kortisolbestimmung im 24h-Sammelurin.

Kortisol im Urin:

Bestimmung der Kortisolkonzentration im 24 h-Sammelurin, eine Alternative zum Speicheltest.

Serum-Kortisol:

Konzentration morgens und abends: Nachweis des Verlustes der physiologischen Tagesschwankung. Normwert morgens um 8 Uhr 4–22 μg/dl.

ACTH-Konzentration im Serum:

Werte unter 5 pg/ml weisen auf ein ACTH-unabhängiges Cushing-Syndrom hin, Werte über 50 pg/ml sprechen für ein ACTH-abhängiges Cushing-Syndrom.

Dexamethason-Hemmtest:

die Gabe von Dexamethason führt zu einer Absenkung des morgendlichen Serum-Kortisols.

Dexamethason-Kurztest:

Als Ausgangswert dient die morgendliche Serum-Kortisol-Konzentration. 1 mg Dexamethason p.o. am Abend führt normalerweise zu einer Absenkung des Plasmakortisols am nächsten Morgen auf <1,8 μg/dl, ein Cushing-Syndrom ist unwahrscheinlich. Bei unzureichender Suppression wird der Dexamethason-Hemmtest in höherer Dosis wiederholt.

Dexamethason-Suppressionstest (hohe Dosis):

Als Ausgangswert dient die morgendliche Serum-Kortisol-Konzentration, abends 8 mg Dexamethason p.o. Am nächsten Morgen wird wieder die Serumkonzentration von Kortisol bestimmt.

Interpretation des Dexamethason-Hemmtest

Metyrapon-Test:

Der Metyrapon-Test differenziert zwischen ACTH-Sekretion aus der Hypophyse oder ektoper Produktion. Metyrapon (Metopiron) blockiert die 11–beta-Hydroxylase und damit die Vollendung der Kortisolbiosynthese. Als Zwischenprodukt wird vermehrt 17-Hydroxykortikosteroid im Urin nachgewiesen, da (bei intakter Rückkopplung über die Hypophyse) ACTH ansteigt und die Biosynthese von Glukokortikoiden gesteigert wird. Ektope ACTH-produzierende Tumoren besitzen nicht diese Rückkopplung, die Zwischenprodukte im Urin steigen nicht an.

CRH-Test:

die abendliche Gabe von CRH (1 μg/kgKG i. v.) führt zum Anstieg von ACTH und Kortisol innerhalb von 30 min. ACTH und Cortisol werden vor CRH-Gabe und nach 15, 30, 60 und 90 Minuten bestimmt.

Selektive simultane Blutentnahme von ACTH:

aus dem rechten und linken Sinus petrosus inferior zur Lokalisation des Hypophysenadenoms. Blut wird vor und nach der Stimulation mit CRH abgenommen.

Bildgebung in der Diagnose des Cushing-Syndroms

Kraniales CT oder MRT:

Bei V. a. Morbus Cushing zur Diagnose eines Hypophysentumors.

CT oder MRT-Abdomen:

Bei V. a. Nebennierenadenom/karzinom. In der Regel sind hormonproduzierende Adenome größer als 2 cm und die Nebenniere der Gegenseite ist atrophiert. Adrenale Karzinome sind oft größer als 5 cm und zeigen Verkalkungen oder Unregelmäßigkeiten.

Therapie des Cushing-Syndroms

Therapiegrundsätze:

  1. Normalisierung der Kortisolproduktion
  2. Entfernung von lebensbedrohenden Tumoren
  3. Vermeidung einer Hormoninsuffizienz
  4. Vermeidung einer lebenslangen Abhängigkeit von einer (Hormon)-Medikation

Therapie des Morbus Cushing:

Mittel der Wahl ist die transsphenoidale Entfernung des Hypophysenadenoms. In 10% droht ein Rezidiv. Bei Rezidiv oder fehlender OP-Möglichkeit ist eine Hypophysenbestrahlung möglich, evtl. in Kombination mit der einer medikamentösen Therapie: Optionen sind Pasireotid (Somatostatin-Analogon), (Levo)Ketoconazol, Osilodrostat oder Metapyron (Blockung der Steroidsynthese) oder Mifepriston (Glucokortikoidrezeptorantagonist).

Bei Versagen von o.g. Therapieoptionen ist die beidseitige Adrenalektomie und anschließende lebenslange Substitution der Nebennierenhormone in physiologischer Dosierung möglich. Eine Komplikation nach beidseitiger Adrenalektomie ist das Nelson-Syndrom: der ACTH-produzierende Hypophysentumor proliferiert und verursacht Hyperpigmentierung, Sehstörungen (Kompression des Tractus opticus) und Kopfschmerzen.

Nebennierenadenom/Karzinom:

Entfernung der betroffenen Nebenniere [Adrenalektomie]. Bei metastasiertem Nebennierenkarzinom ist die Therapie mit Mitotane (Derivat eines Pflanzenschutzmittels) eine Option zur Blockung der Hormonproduktion.

Ektope ACTH-Produktion:

Identifizierung des Tumors und Entfernung. Bei fehlender Lokalisation oder Resektionsmöglichkeit ist die medikamentöse Therapie oder die bilaterale Adrenalektomie eine Option (siehe oben).






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Literatur

Boscaro u.a. 2001 BOSCARO, M. ; BARZON, L. ; FALLO, F. ; SONINO, N.: Cushing’s syndrome.
In: Lancet
357 (2001), Nr. 9258, S. 783–91

Fleseriu M, Auchus R, Bancos I, et al. Consensus on diagnosis and management of Cushing's disease: a guideline update. Lancet Diabetes Endocrinol. 2021 Dec;9(12):847-875. doi: 10.1016/S2213-8587(21)00235-7.



  English Version: Hypercortisolism and Cushing syndrome