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Urin-Untersuchung (1/4)
Urinsediment
Technik des Urinsediments
Zunächst makroskopische Betrachtung der Urinfarbe. Danach werden 12 ml Urin 5 min mit 400 g zentrifugiert, 11,5 ml werden abpipettiert und der Schleudersatz durch manuelles Schütteln resuspendiert. Ein Tropfen wird auf einen Objektträger gebracht und mit einem Deckglas abgedeckt. Das Urinsediment wird mit 400facher Vergrößerung betrachtet.
Differentialdiagnose des Urinsediments
Urinverfärbungen:
- Trüber Urin: Pyurie
- Roter Urin: Hämaturie, Nahrung (Rote Beete, Heidelbeeren, Brombeeren), Myoglobinurie, Hemoglobinurie, chronische Bleivergiftung
- Dunkel-gelber bis orange-farbener Urin: Bilirubinurie (Urobilinogen), Rifampicin
- Brauner Urin: (alte) Blutung, Myoglobinuria, Medikation mit Nitrofurantoin, Metronidazol oder L-Dopa, Porphyrie
- Grüner Urin: Bilirubinuria (Biliverdin)
Hämaturie und Mikrohämaturie:
Die Mikrohämaturie ist mit >5 Erythrozyten pro Gesichtsfeld definiert. >20 Erythrozyten pro Gesichtsfeld charakterisiert eine ausgeprägte Mikrohämaturie. Differentialdiagnose siehe Kapitel (Mikro)-Hämaturie .
Leukozyturie:
Leukozyten >15 pro Gesichtsfeld: Harnwegsinfektion, Urogenitaltuberkulose, Nephrolithiasis, Fremdkörper ...
Harnzylinder:
Harnzylinder sind Eiweißausgüsse> der Sammelrohre und distalen Tubuli, weitere Klassifikation unter Berücksichtigung des Einschlusses verschiedener Zellen (Erythrozyten, Leukozyten oder Tubulusepithelien). Zylinder im Urinsediment mit Zelleinschlüssen sprechen für eine renale (v. a. entzündliche) Parenchymerkrankung. Die Degeneration der zellulären Einschlüsse führt zu Wachszylindern und granulierten Zylindern. Azelluläre (hyaline) Zylinder im normalen Urin sprechen für eine verminderte Flüssigkeitszufuhr.
Kristalle im Urin:
Zahlreiche verschiedene Urinkristalle können im Urin von Gesunden oder von Steinpatienten identifiziert werden [Abb. Calciumoxalat Urinkristalle]. Die Identifizierung von Zystinkristallen (fünf- bis sechseckige Kristalle) ist wichtig, da sie pathognomonisch für eine Zystinurie sind.
Calciumoxalat-Kristalle im Urinsediment: links unten in der Monohydrat-Form, rechts mehrere oktahedrale Dihydrat-Kristalle. Mit freundlicher Genehmigung, Alica Mayr, Augsburg.
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Bakterien im Urin:
im frisch verarbeiteten, sauber gewonnen Urinsediment sind Bakterien pathologisch und sprechen für eine Harnwegsinfektion.
Urinuntersuchung per Teststreifen
Normwerte der Teststreifenuntersuchung siehe Tab. Normwerte der Urinteststreifen. Im Screeningverfahren ist die Teststreifenuntersuchung aufgrund zusätzlicher Parameter dem Urinsediment überlegen.
Normbereiche für die Untersuchung des Urinsediments mit Teststreifen mit Testprinzip, möglichen Einflussgrößen und Störfaktoren (Roche 2014).
Testwert |
Normbereich |
Testprinzip |
Einflussgrößen und Störfaktoren |
Erythro- zyten |
<5/μl |
Peroxidase-Aktivität des Hämoglobins |
Falsch-negativ d. Vitamin C. Falsch-positiv durch Myoglobinurie, stark oxidierende Reinigungsmittel, Kontamination durch Menstruationsblut, ausgeprägte Leukozyturie, hohe körperliche Aktivität. |
Leuko- zyten |
<10/μl |
Esterase-Aktivität der Granulozyten |
Falsch-positiv d. Kontamination von vaginalen Leukozyten, Urinverfärbung, Antibiotika. Falsch-negativ d. starke Proteinurie, Glukosurie, Medikamente wie Cephalexin, Gentamycin oder ACE-Hemmer. |
pH-Wert |
Morgenurin 5--6, im Tagesverlauf große Schankungen |
Kombination v. Indikator- farbstoffen |
Falsch-hohe Werte bei altem Urin. Saurer pH bei proteinreicher Ernährung, basischer pH bei vegetarischer Ernährung. Desinfektionsmittel beeinflussen pH-Messung stark. |
Protein |
<10 mg/dl |
Eiweißfehler von pH-Indikatoren |
Keine Erfassung der Mikroalbuminurie. Falsch-positiv d. Ejakulatreste, Desinfektionsmittel, körperliche Aktivität, Schwangerschaft, Nitrofurantoin. |
Glukose |
<20 mg/dl (<1,1 mmol/l) im Nüchtern-Morgenurin |
Glucoseoxidase-Peroxidase-Reaktion, gekoppelt mit Farbstoff |
Falsch-negativ d. Vitamin C, reduzierende Stoffe (z.B. Nitrofurantoin) oder Bakteriurie. Falsch-positiv d. Reinigungsmittel, Fieber, MESNA. |
spez. Gewicht |
1,003–1,030 g/ml |
Urinionen und komplexbildende Reagenz setzen Protonen frei |
Falsch-niedrig bei Urin-pH $>$\,7. Falsch-hohe Werte d. Proteinurie und Ketonurie. |
Nitrit |
negativ |
Farbstoffreaktion mit Nitrit |
Falsch-positiv bei altem Urin. Falsch-negativ bei nichtnitratabbauenden Bakterien, hohe Urinverdünnung und kurze Verweilzeit des Urins in der Harnblase, Antibiotikatherapie, gemüsefreie Diät. |
Ketone |
negativ |
Farbstoffreaktion mit Acetessigsäure und Aceton (Legal'scher Nachweis) |
Falsch-positiv durch z.B. Captopril, Imipenem, MESNA oder Fieber. |
Uro- bilinogen |
negativ (<1 mg/dl) |
Farbstoffreaktion mit Urobilinogen |
Falsch-negativ bei posthepatischem Ikterus. |
Differentialdiagnose Urin-Teststreifen-Untersuchung:
Erythrozyten: >5 pro Gesichtsfeld, >20 ist eine ausgeprägte Mikrohämaturie. Differentialdiagnose siehe Kapitel (Mikro)-Hämaturie .
Spezifisches Gewicht:
Anzeige des Konzentrationsgrades des Urins zur Überwachung der Flüssigkeitsaufnahme und eine wichtige Hilfe für die Teststreifeninterpretation. Bei stark konzentriertem Urin sind falsch-positive Testergebnisse möglich. Bei stark verdünntem Urin sind auch grenzwertige Testergebnisse relevant.
Leukozyturie:
Leukozyten >15 pro Gesichtsfeld: Harnwegsinfektion, Urogenitaltuberkulose, Nephrolithiasis, Fremdkörper ...
Alkalischer Urin:
ureasespaltende Bakterien (Proteus), renale tubuläre Azidose, nach einer grossen Mahlzeit, alter Urin.
Saurer Urin:
Patienten mit Harnsäure- oder Cysteinsteinen.
Glukosurie:
Eine Glukosurie ist immer verdächtig auf einen Diabetes mellitus, da die Teststreifen erst ab 50 mg/dl reagieren. Differentialdiagnosen: renale Glukosurie, orale Therapie des Diabetes mellitus mit SGLT-2-Hemmer (z.B. Dapagliflozin).
Ketonurie:
Die Ketonurie entsteht bei einer Ketoazidose (Diabetes mellitus), Hunger, Erbrechen, postoperativ oder anderen katabolen Stoffwechselsituationen.
Proteinurie:
>30 mg/ml. Differentialdiagnose siehe Kapitel Proteinurie .
Nitrit positiv:
Hinweis für eine Bakteriurie (>100 000 Keime/ml), falsch negativ bei nicht Nitrit-produzierenden Bakterien wie Enterokokken, Vit. C-Einnahme oder Urinkontakt in der Harnblase <4 h.
Sachregistersuche: A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
Literatur
- Neymeyer, J (Ed.)
- Kompendium der
Urinanalyse. Urinteststreifen und Mikroskopie
Roche Diagnostics
Deutschland GmbH, 2014, 1-196
English Version: Urine analysis: sediment and dipstick