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Duloxetin: Wirkmechanismus, Nebenwirkungen, Kontraindikationen und Dosierung
Wirkmechanismus von Duloxetin:
Duloxetin ist ein Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI). Dadurch bleiben Serotonin und Noradrenalin länger im synaptischen Spalt verfügbar und können stärker an ihre Rezeptoren binden. Im ZNS wirkt Duloxetin stimmungsaufhellend, erhöht den Antrieb und hat einen analgetischen Effekt. Am Harntrakt führt Duloxetin zur einer Vergrößerung der Harnblasenkapazität und zu einer Erhöhung des Muskeltonus des quergestreiften Sphinktermuskels der Harnblase (Thor und Donatucci, 2004).
Urologische Indikationen für Duloxetin:
Duloxetin ist in Europa und Kanada zur Behandlung der moderaten bis schweren Belastungsinkontinenz der Frau zugelassen. Bei geeigneten Patientinnen kann die Anzahl der Inkontinenzepisoden im Mittel um etwa 50–60% reduziert werden, gegenüber ungefähr 20–40% unter Placebo (Mariappan et al., 2007). Für die Indikation Belastungsinkontinenz wurde Duloxetin in den USA nicht zugelassen, vor allem aufgrund der Bewertung des Nebenwirkungsprofils.
Für die Belastungsinkontinenz des Mannes, insbesondere nach radikaler Prostatektomie, besteht keine Zulassung; Duloxetin wird hier Off-Label eingesetzt. Randomisierte Studien zeigen eine mäßige Wirksamkeit mit verkürzter Dauer der Belastungsinkontinenz, es zeigte sich aber auch eine Abbruchrate der Medikation von 38% aufgrund von Nebenwirkungen (Cornu et al., 2011) (Kotecha et al., 2021).
In anderer Dosierung ist Duloxetin für psychiatrische und neurologische Indikationen zugelassen (z. B. Depression, generalisierte Angststörung, diabetische Polyneuropathie).
Pharmakokinetik von Duloxetin:
Gute Resorption nach oraler Gabe. Hepatische Metabolisierung über CYP1A2 und CYP2D6, renale Ausscheidung der inaktiven Metaboliten. Halbwertszeit 12 Stunden.
Nebenwirkungen von Duloxetin:
Die Rate an nebenwirkungsbedingter Therapieabbrüche ist hoch. Häufige Nebenwirkungen von Duloxetin sind Übelkeit, Müdigkeit, Schlaflosigkeit oder Somnolenz, Mundtrockenheit, Verstopfung, Durchfall, Schwindel, Kopfschmerzen, verschwommenes Sehen, Schwitzen und Appetitminderung. Weitere mögliche unerwünschte Wirkungen umfassen psychomotorische Unruhe, sexuelle Funktionsstörungen, Blutdruckanstieg bis hin zur Hypertonie, Hyponatriämie (oft im Rahmen eines SIADH) sowie Leberwerterhöhungen bis zur Hepatitis. Wie bei anderen Antidepressiva können unter Duloxetin depressive Symptome, suizidale Gedanken und suizidales Verhalten auftreten oder sich verstärken, insbesondere zu Beginn der Therapie oder bei Dosisänderungen.
Wechselwirkungen von Duloxetin:
- Cave Serotonin-Syndrom: Keine Kombination mit nichtselektiven MAO-Hemmern (absolute Kontraindikation). Besondere Vorsicht bei anderen serotonergen Substanzen wie andere Antidepressiva, Johanniskraut, Tramadol oder Triptane.
- Keine Kombination mit potenten CYP1A2-Hemmer wie Ciprofloxacin oder Enoxacin.
- Es besteht ein erhöhtes Blutungsrisiko bei Kombination mit Antikoagulanzien oder Thrombozytenaggregationshemmern.
- Vorsicht bei zentral dämpfenden Substanzen (Alkohol, Sedativa, Opiate)
- Duloxetin ist ein moderater CYP2D6-Hemmer und kann die Konzentrationen von CYP2D6-Substraten erhöhen.
Kontraindikationen von Duloxetin:
- Jede Form der Leberinsuffizienz.
- Schwere Niereninsuffizienz (GFR unter 30 ml/min).
- Unkontrollierter Hypertonus.
- Therapie mit MAO-Hemmern, SSRI oder CYP1A2-Hemmer.
- Erhöhtes Risiko für ein Engwinkelglaukom.
- Bekannte Überempfindlichkeit oder Unverträglichkeit.
- Bei der Verwendung von Duloxetin zur Therapie der Belastungsinkontinenz: Suizidalität oder unbehandelte Depressionen. Schwangere, Stillende, Kinder und Männer.
Dosierung von Duloxetin:
20 mg 1–0–1 p.o., nach zwei Wochen Steigerung auf 40 mg 1–0–1 bei ausreichender Verträglichkeit. Der klinische Erfolg soll nach vier Wochen überprüft werden, bei ausbleibender Besserung wird die Therapie beendet. Zum Absetzen muss die Medikation über mindestens zwei Wochen ausgeschlichen werden.
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Literatur
Thor, K. B. & Donatucci, C.
Central nervous
system control of the lower urinary tract: new pharmacological approaches
to stress urinary incontinence in women.
J Urol, 2004,
172, 27-33.
Cornu, J.; Merlet, B.; Ciofu, C.; Mouly, S.; Peyrat,
L.; Sèbe, P.; Yiou, R.; Vallancien, G.; Debrix, I.; Laribi, K.; Cussenot,
O. & Haab, F.
Duloxetine for mild to moderate postprostatectomy
incontinence: preliminary results of a randomised, placebo-controlled
trial.
Eur Urol, 2011, 59, 148-154.
Kotecha P, Sahai A, Malde S. Use of Duloxetine for Postprostatectomy Stress Urinary Incontinence: A Systematic Review. Eur Urol Focus. 2021 May;7(3):618-628. doi: 10.1016/j.euf.2020.06.007.
Mariappan, P.; Alhasso, A.; Ballantyne, Z.; Grant, A. &
N'Dow, J.
Duloxetine, a serotonin and noradrenaline reuptake inhibitor
(SNRI) for the treatment of stress urinary incontinence: a systematic
review.
Eur Urol, 2007, 51, 67-74.
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