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Nebenwirkungen der Immuncheckpoint Inhibition
Immuncheckpoints sind molekularbiologische "Bremsen" des Immunsystems. Tumoren können durch die Expression von Proteinen Einfluss auf die Immuncheckpoints nehmen und sich somit der Elimination entziehen. Für die Urologie bedeutende Immuncheckpoints sind der Programmed Cell Death-1 Rezeptor mit seinem Liganden PD-L1 oder der CTLA-4 Rezeptor (cytotoxic T lymphocyte antigen). Die Checkpoint-Inhibitoren (CPI) werden hauptsächlich in der Therapie des fortgeschrittenen Harnblasenkarzinoms und metastasierten Nierenzellkarzinoms eingesetzt.
Die Behandlung mit Immuncheckpoint-Inhibitoren (Atezolizumab, Avelumab, Nivolumab, Pembrolizumab)ist mit immunvermittelten Nebenwirkungen assoziiert, welche noch viele Monate nach der letzten Dosis auftreten können (Heinzerling u.a., 2019). In Abhängigkeit vom Schweregrad der Nebenwirkung sollte die Behandlung pausiert oder abgebrochen werden. Weiterhin ist eine Behandlung mit Corticosteroiden in Abhängigkeit der Schwere der Nebenwirkungen erforderlich (0,5–2 mg/kgKG/Tag Prednisolon), bei schweren oder therapierefraktären Verläufen sind zusätzlich weitere Immunsuppressiva zu verordnen.
Fast alle Patienten berichten über Nebenwirkungen durch die Immuncheckpoint-Inhibition, meist sind die Nebenwirkungen gut beherrschbar. Schwere und lebensbedrohliche Nebenwirkungen Grad 3 und 4 treten bei 10–30% der Patienten auf, häufiger und schwerer bei Patienten mit einer Kombinationstherapie. Bei 7–12% der Patienten muss die Therapie abgebrochen werden. Die Rate an tödlichen Nebenwirkungen einer PD-1/PD-L1 Monotherapie liegt bei 0,3–1,3%, Ursachen sind kardiale Nebenwirkungen, Pneumonitis mit ARDS, Nierenversagen, toxisch epidermale Nekrolyse (TEN), Hypopituitarismus, neurologische Nebenwirkungen, Kolitis, Darmperforation, Hepatitis, Panzytopenie oder Rhabdomyolyse.
Nebenwirkungen der CPI auf die Organsysteme
- Haut: Von milden Exanthemen (sehr häufig) über entzündliche Dermatosen und bullöse Dermatosen bis hin zu schweren kutanen Reaktionen wie toxischer epidermaler Nekrolyse oder Stevens-Johnson-Syndrom. Unerwünschte Ereignisse ab Grad 3 treten bei bis zu 3% der Patienten unter Monotherapie auf.
- Immunsystem: infusionsbedingte Reaktionen, gelegentlich anaphylaktische Reaktion oder Vaskulitis.
- Lungen: Pneumonitis (3%) führt zu Dyspnoe, Husten, Hypoxie und radiologischen Veränderungen im Rö-Thorax. Die Ausbildung eines fatalen ARDS ist möglich.
- Kardiovaskuläre NW: einschließlich Myokarditis, Perikarditis, Arrhythmien, eingeschränkter Ventrikelfunktion mit Herzinsuffizienz, Vaskulitis und venöser Thromboembolie. Kardiovaskuläre NW sind selten, die Mortalität ist jedoch hoch.
- Darm: milde Diarrhoe ist häufig (20%). Kolitis (1–4%) mit Bauchschmerzen, Diarrhoe, Schleim oder Blut im Stuhl.
- Leber: Anstieg der Transaminasen in bis zu 10%, Grad 3–4 Hepatitis führt zu Ikterus, Koagulopathie und Enzephalopathie.
- Nieren: Nephritis oder akutes Nierenversagen. Grad 3 und höher unter 1% bei einer Monotherapie.
- Endokrinopathien: Thyreoiditis mit initialer Hyperthyreose und anschließender Hypothyreose (15%), Adrenalitis mit Nebenniereninsuffizienz (1%), Hypophysitis (1%), Diabetes mellitus (<1%). Die Symptome der Endokrinopathie sind unspezifisch und schwierig von anderen Ursachen wie dem Progress der Grunderkrankung zu unterscheiden.
- Bewegungsapparat: Arthritis, Myositis oder Polymyalgia-ähnliche Symptome. Milde NW sind häufig (bis zu 40%).
- Nervensystem: Einschließlich Myasthenia gravis, Guillain-Barré-Syndrom, Enzephalitis, aseptische Meningitis, periphere Neuropathie und demyelinisierende Erkrankungen. NW Grad 3 und höher treten unter Monotherapie bei unter 1% der Patienten auf, weisen jedoch eine höhere Letalität auf als andere Nebenwirkungen.
- Blut: hämolytische oder aplastische Anämie (5%), thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP), hämolytisch-urämisches Syndrom, Leukopenie (1%), Thrombozytopenie (2%) und Hämophilie.
- Weitere seltene Komplikationen: Pankreatitis, Uveitis.
Wechselwirkungen
- Systemische Corticosteroide und andere Immunsuppressiva sollten wegen der potenziellen Beeinflussung der pharmakodynamischen Aktivität vermieden werden.
- Lebendimpfstoffe sind während der Behandlung kontraindiziert. Inaktivierte/abgetötete Impfstoffe können verabreicht werden.
- Es besteht eine komplexe Interaktion zwischen dem Mikrobiom des Darms und dem Wirkmechanismus des Immuncheckpoint Inhibitoren. Die Gabe von Antibiotika hat negative Auswirkungen auf die Wirksamkeit der CPI und sollte vermieden werden (Pinato u.a., 2019).
Überwachung während der Therapie mit Immuncheckpoint Inhibitoren
Vor jedem Therapiezyklus soll auf Symptome und Laborveränderungen geachtet werden. Der Patient benötigt eine sorgfältige Aufklärung und Befragung über mögliche Nebenwirkungen von allen Organsystemen, damit ohne Verzug weitere Diagnostik und eine Pausierung, Absetzen und/oder Steroidgabe möglich ist.
Fragen nach Leitsymptomen | |
Allgemein | Appetit? Durst? Schlafprobleme? Nachtschweiß? Körpergewicht? Fieber? |
Kopf und Hals | Sehkraft? Kopfschmerzen? Schwindel? Halsschmerzen? Lymphknoten? |
Thorax | Husten? Auswurf? Atemnot? Herzschmerzen? unregelmäßiger Puls? Knoten in der Brust? |
Abdomen | Durchfall? Verstopfung? Blut im Stuhl? Erbrechen? Bauchschmerzen? |
Urogenitaltrakt | Wasserlassen? Urinfarbe? sexuelle Beschwerden? Schmerzen? |
Bewegungs- apparat |
Kreuzschmerzen? Muskel- oder Gelenkschmerzen? |
Sonstiges | Hautausschlag? Lähmungen? Anfallsleiden? |
Pembrolizumab | suchen | Erbrechen |
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Literatur
L. Heinzerling, E. N. de Toni, G. Schett, G. Hundorfean, and L. Zimmer “Checkpoint inhibitors - diagnosis and treatment of side effects,” Deutsches Arzteblatt international, vol. 116, no. 8, pp. 119–126, 2019.
Schneider, B. J. et al., J Clin Oncol 2021. Management of Immune-Related Adverse Events in Patients Treated With Immune Checkpoint Inhibitor Therapy: ASCO Guideline Update. https://ascopubs.org/doi/10.1200/JCO.21.01440
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