Dr. med. Dirk Manski

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Megaureter: Ursachen, Diagnose und Therapie

Definition des Megaureters

Der Megaureter ist eine angeborene Uretererweiterung von über 7–8 mm (Shokeir und Nijman, 2000) (Wilcox und Mouriquand, 1998) (EAU Guidelines Paediatric Urology), gemäß der Ursache wird weiter eingeteilt:

Primär obstruktiver Megaureter (POM):

Der primär obstruktive Megaureter ist eine angeborene Ureterdilatation durch ein aperistaltisches Uretersegment am ureterovesikalen Übergang. Ein embryologischer Entwicklungsstopp des Harnleiters führt zu einer Desorientierung der Muskelfasern und zu einer Beeinträchtigung des Ureterperistaltik.


Primär obstruktive Megaureter bds. im Ausscheidungsurogramm. Mit freundlicher Genehmigung, Prof. Dr. R. Harzmann, Augsburg.
Abb. Primär obstruktive Megaureter bds. im Ausscheidungsurogramm

Sekundär obstruktiver Megaureter:

erhöhte intravesikale Drücke, eine erhöhte Harnblasenwandspannung und Narbenbildung führen zur Obstruktion des Ureterdurchtritts durch die Harnblasenwand.

Refluxiver Megaureter:

Primärer oder sekundärer vesiko-ureteraler Reflux bedingt die Ureterdilatation bei einem refluxiven Megaureter.

Idiopathischer (nicht obstruktiver oder refluxiver) Megaureter:

die meisten Megaureteren von Neugeborenen fallen in diese Kategorie, die Ursache bleibt meist unklar. Als Auslöser für die Megaureterentstehung werden eine erhöhte Urinproduktion, eine verzögerte Ureterreifung und eine subklinische Obstruktion genannt.

Obstruktiver und refluxiver Megaureter:

prävesikale Enge mit Obstruktion und zusätzlich vesikoureteralem Reflux (selten).

Epidemiologie des Megaureters

Der Megaureter ist die Ursache für 20 % der pränatal diagnostizierten Hydronephrosen.

Diagnostik des Megaureters

Sonographie:

Die Sonographie ist gut geeignet zur Differentialdiagnose zwischen Harnleiterabgangsenge und Megaureter [Abb. Sonographie: Megaureter]. Der Harnleiter bei Kindern ist normalerweise unter 5 mm weit.


Megaureter des Oberpolsystems bei einer Doppelniere rechts: die Niere zeigt eine gestaute obere Kelchgruppe (A), der retrovesikale Harnleiter ist stark dilatiert. Längschnitt (B) und Horizontalschnitt (C) durch die Harnblase. Mit freundlicher Genehmigung, Dr. M. Fretschner, Augsburg.
Abbildung Sonographie Megaureter des Oberpolsystems

Ausscheidungsurographie:

Die Ausscheidungsurographie ist ebenfalls gut geeignet zur Differentialdiagnose zwischen Harnleiterabgangsenge und Megaureter. Weiterhin gibt die Untersuchung Hinweise auf die seitengetrennte Nierenfunktion.

Miktionszysturethrographie:

Die MCU dient zur Bestätigung oder Ausschluss von vesikoureteralen Reflux oder Harnblasenentleerungsstörungen durch Harnröhrenklappen.

Nierenfunktionsszintigramm:

Bestimmung der seitengetrennten Nierenfunktion. In Kombination mit einem Diuretikum kann eine echte Obstruktion vom idiopathischen Megaureter unterschieden werden: 20 min nach Furosemid-Stimulation sollten 50 % der Aktivität aus dem Nierenbecken und Harnleiter ausgewaschen sein.

Retrograde Pyelographie:

Die retrograde Pyelographie wird zur Darstellung der Anatomie und zur Differentialdiagnose bei unklarer Bildgebung verwendet [Abb. 2.6], insbesondere bei verzögerter Diagnose im Erwachsenenalter.

retrograde pyelographie eines primär obstruktiven megaureters
Primär obstruktiver Megaureter: in der retrograde Pyelographie. Mit freundlicher Genehmigung, Dr. R. Gumpinger, Kempten.

Whitaker-Test:

Bestimmung des Nierenbeckendrucks über eine perkutane Nephrostomie bei einem Flow von 10 ml/min. Indiziert bei Unklarheiten im Nierenfunktionsszintigramm, insbesondere bei schlechter Nierenfunktion.

Therapie des Megaureters

Primär obstruktiver Megaureter:

Der primäre obstruktive Megaureter zeigt bei Kindern eine gute spontane Heilungsrate. Indikation für eine Intervention (Ballon-Dilatation oder Operation) sind eine szintigraphisch nachgewiesene signifikante Obstruktion, wiederkehrende fieberhafte Harnwegsinfektionen oder zunehmender anteiliger Funktionsverlust der Niere.

Ballon-Dilatation:

Ballon-Dilatation und passagere Einlage einer DJ Harnleiterschiene über mehrere Monate, langfristige Heilungsraten von 25–90% werden beschrieben (Kassite u.a., 2018).

Operative Therapie:

Die operative Korrektur eines Megaureters beinhaltet die Exzision des engen prävesikalen Segmentes, Harnleitermodellage (Faltung oder gefäßschonende longitudinale Teilresektion) und Ureterozystoneostomie.

Sekundär obstruktiver Megaureter:

Nach Therapie der Grunderkrankung sind i. d. R. keine weiteren Maßnahmen notwendig.

Refluxiver Megaureter:

Siehe vesikoureteraler Reflux, in den meisten Fällen genügt eine konservative Therapie. Chirurgische Therapieoptionen sind eine Ureterozystoneostomie mit ggf. Harnleitermodellage.

Idiopathischer (nicht obstruktiver oder refluxiver) Megaureter:

Beobachtung, konservative Therapie.






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Literatur Megaureter

EAU guidelines: Paediatric Urology

Shokeir und Nijman 2000 SHOKEIR, A. A. ; NIJMAN, R. J.: Primary megaureter: current trends in diagnosis and treatment.
In: BJU Int
86 (2000), Nr. 7, S. 861–8

Wilcox und Mouriquand 1998 WILCOX, D. ; MOURIQUAND, P.: Management of megaureter in children.
In: Eur Urol
34 (1998), Nr. 1, S. 73–8

  English Version: Diagnosis und treatment of megaureter

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Kinderurologische Krankheiten