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Urinuntersuchung
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Urinkultur
Indikationen für eine Urinkultur
Bei asymptomatischen Patienten:
- Leukozyturie, Hämaturie oder positiver Nitrit-Test bei Patienten mit Risikofaktoren (Immunsuppression, vesikoureteraler Reflux, Harnblasenentleerungsstörungen)
- Schwangerschaft (erste Vorstellung und 16. SSW)
- Vor und nach interventionellen Eingriffen an den Harnwegen
- Nach Antibiotikatherapie bei Schwangeren, Männern, Pyelonephritis oder komplizierter Harnwegsinfektionen
Bei symptomatischen Patienten:
- Alle Patienten mit klinischem V.a. Harnwegsinfektion, außer bei Frauen mit unkomplizierter Zystitis
- Bei unklaren Abdominalbeschwerden oder Flankenschmerz
- Bei rezidivierenden Harnwegsinfektion
- Bei Zeichen einer nosokomialen Harnwegsinfektion
- Fehlender Therapieerfolg, Fieber oder Sepsis
Uringewinnung:
Das Risiko der bakteriellen Kontamination beträgt bei nichtinvasiver Uringewinnung bis zu 40%, je nach Geschlecht, Alter und Compliance. Mittel der ersten Wahl für die Uringewinnung ist die sterile Uringewinnung im Rahmen von Katheterisierungen (Einmalkatheterurin), Interventionen oder durch eine oder suprapubische Blasenpunktion. Ansonsten wird der Urin bei per Mittelstrahlurin und bei Säuglingen per Klebebeutel gewonnen.
4 Gläser-Probe:
bei V. a. chronische Prostatitis werden 4 Portionen einer Miktion getrennt gesammelt und mikrobiologisch untersucht (Sedimentmikroskopie und Kultur).
- Die ersten 10 ml Urin (Urethralkeime)
- Mittelstrahlurin (Harnblasenkeime)
- Prostataexprimat (Prostatakeime): Normalerweise unter 10 Leukozyten pro Gesichtsfeld in hoher Vergrößerung.
- Die ersten 10 ml Urin nach Prostatamassage (Prostatakeime)
Aufgrund des hohen Aufwandes und Kosten hat sich der Zwei-Gläser-Test durchgesetzt:
- Mittelstrahlurin (Harnblasenkeime)
- die ersten 10 ml Urin nach der Prostatamassage (Prostatakeime)
Probentransport:
Die Bearbeitung von Nativurin innerhalb von 2 h ist am besten, bei längeren Transportzeiten muss der Urin gekühlt werden oder in speziellen Monovetten (Stabilisator Borsäure) gelagert werden.
Quantitative Urinkultur
Die Keimzahl wird mit einer quantitativen Urinkultur ermittelt. Die am häufigsten verwendete Technik benutzt spezielle kalibrierte Ösen, mit deren Hilfe werden 10 μl Urin auf einer Agarplatte (z.B. CLED-Agar) ausgestrichen [Abb. quantitative Urinkultur]. Die Platten werden 24 h bei 36 Grad Celsius bebrütet. Eine Kolonie entspricht 102 KBE/ml, 10 Kolonien 103 KBE/ml, 100 Kolonien 104 KBE/ml u. 1000 Kolonien 105 KBE/ml. Die Keimzahl wird semiquantitativ durch Vergleich mit standardisierten Abbildungen bestimmt. Die Keimzahlbestimmung mit Hilfe von fertigen Nährbodenträgern (Urintauchkultur wie z.B. Urikult) sind von geringer Genauigkeit und sollten die Ausnahme bleiben.
CLED-Agar:
Der unselektive Agar wird häufig für die quantitative Urinkultur verwendet, er ermöglicht das Wachstum von allen typischen Bakterien für eine Harnwegsinfektion. CLED steht für Cystine Lactose Electrolyte Deficient-Agar, der niedrige Elektrolytgehalt verhindert das Schwärmen von Proteus. Laktosefermentierende Bakterien bilden gelbe Kolonien und färben den Agar gelb, Nonfermenter bilden blau-graue Kolonien und der Agar bleibt bläulich gefärbt [Abb. Mischkultur].
Kass-Zahl:
105 Bakterien pro ml in einem sauber gewonnen Mittelstrahlurin sind ein Zeichen für eine klinisch signifikante Harnwegsinfektion. Bei hoher Urinausscheidung oder steriler Uringewinnung können auch eine Bakteriurie mit kleineren Bakterienzahlen ein signifikanter Hinweis auf eine Harnwegsinfektion sein.
Identifizierung der Bakterien
Eine Identifizierung der Bakterien ist nur sinnvoll, wenn kein gemischtes Bakterienwachstum (mehr als zwei Keime) vorliegt. Gemischtes Bakterienwachstum spricht für eine Kontamination im Rahmen der Uringewinnung und die Identifizierung wird nicht durchgeführt. Die Urinkultur sollte dann neu abgenommen werden. Die korrekte Identifizierung der Bakterien gelingt nur dann sicher, wenn die Kolonien auf u.g. Agarplatten vereinzelt wachsen. In konfluenten Kolonien können verschiedene Keime unbemerkt gemischt wachsen. Im Zweifel muss nochmals ein fraktionierter 3-Ösen-Ausstrich zur Vereinzelung der Kolonien durchgeführt werden [Abb. 3-Ösen-Ausstrich].
Idealerweise werden schon bei der quantitativen Urinkultur zusätzlich folgende Selektivmedien beimpft:
MacConkey-Agar:
Der MacConkey-Agar ist ein Selektivmedium für das bevorzugte Wachstum von gramnegativen Bakterien. Lakosefermentierende Bakterien färben sich durch den enthaltenden Indikator rot-violett [Abb. MacConkey-Agar], Nonfermenter bilden graue Kolonien.
Columbia-Blut-CNA-Agar:
Der Columbia-Blut-CNA-Agar ist ein Selektivmedium für das bevorzugte Wachstum von grampositiven Bakterien (v.a. Streptokokken, Enterokokken und Staphylokokken). Der Agar enthält intakte Erythrozyten und die Antibiotika Colistin (Polymyxin E) und Nalidixinsäure, welche das Wachstum von gramnegativen Bakterien hemmen. Die Bakterien können entsprechend des Hämolyseverhaltens weiter eingegrenzt werden: α-Hämolyse (Vergrünung durch Oxidation des Hämoglobins), β-Hämolyse (Aufhellung durch Lyse der Erythrozyten) und γ-Hämolyse (unveränderte Agardichte) [Abb. β-Hämolyse im Columbia-Blut-CNA-Agar].
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Sabouraud-Dextrose-Agar:
Sabouraud-Dextrose-Agar ist ein Selektivmedium, auf dem bevorzugt Hefen und Schimmelpilze wachsen.
Grobe Eingrenzung der Bakterienart:
Erste Hinweise auf die Bakterienart einer Urinkultur zeigt sich durch das Wachstumsmuster auf o.g. Agarplatten und mit Hilfe einfacher chemischer Testreaktionen:
- Wachstum auf MacConkey-Agar => Gram-negative Stäbchen. Eine weitere Differenzierung ist mit Hilfe der Lactose-Reaktion und der Oxidase-Reaktion möglich [Abb. grobe Eingrenzung von gramnegativen Bakterien].
- Wachstum auf Columbia-Blut-CNA-Agar => Gram-positive Kokken. Eine weitere Differenzierung ist mit Hilfe der Katalase-Reaktion, der Hämolysereaktion, der Aeskulinspaltung, des CAMP-Tests und der Novobiocin- oder Bacitracin-Empfindlichkeit möglich [Abb. grobe Eingrenzung von grampositiven Bakterien].
- Wachstum auf Sabouraud-Dextrose-Agar: in der Regel Hefepilze wie Candida, weitere Differenzierung und Resistenzprüfung mit Hilfe von Testkits.
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Bakterienidentifizierung mit Hilfe der "Bunten Reihe"
Bakterien können mit Hilfe spezieller Testkits (sogenannte bunte Reihe) weiter differenziert werden. Je nach biochemischen Eigenschaften (Oxidase positiv/negativ, Laktosefermentation, grampositiv) werden unterschiedliche Testkits verwendet. Eine definierte Menge von einzelnen Kolonien einer Reinkultur wird in NaCl resuspendiert. Die Bakterienmenge wird anhand der Trübung abgeschätzt (McFarland Standard 0,5) oder genauer mit Hilfe der Photometrie. Die Bakterienlösung wird in das Testkit pipettiert und über Nacht in den Brutschrank gebracht. Gleichzeitig wird von der Bakteriensuspension eine Kontrollplatte beimpft, um die Inokulumsreinheit zu überprüfen. Die bunte Reihe nutzt die unterschiedlichen biochemischen Leistungen der Bakterien, diese werden mit Hilfe von Farbreaktionen für den Untersucher sichtbar. Unter anderem werden Enzymaktivitäten (Oxidase, Katalase, Laktase, Gärung, Urease), Mobilität oder die Verwendung von Citrat als Energielieferant untersucht. Ein häufig verwendetes Systeme ist API (Analytic Profile Index) oder das VITEK-System, vertrieben von der Firma bioMérieux. Eine Alternative ist das RAS-ID System von der Firma BIO-RAD.
Interne Qualitätssicherung:
Die Methodik der Bakterienidentifizierung muss mit Hilfe von definierten Referenzkulturen (Kontrollstämme) bei Chargenwechsel überprüft werden. Die Referenzkulturen sind in kryokonservierter Form käuflich erhältlich, mindestens monatlich müssen frische Stammkulturen daraus hergestellt werden. Die daraus gezogene Gebrauchskultur darf längstens eine Woche verwendet werden. Bei jeder Identifizierung muss zwingend die Inokulumsreinheit durch eine Kontrollplatte überprüft werden. Es ist eine Statistik über die Häufigkeit der nachgewiesenen Erreger zu führen (RiliBÄK 2014).
Externe Qualitätssicherung:
Halbjährliche Teilnahme an Ringversuchen.
Prüfung auf antibakterielle Hemmstoffe
Für die Prüfung auf antibakterielle Hemmstoffe werden Agarplatten verwendet, welche Sporen von Bacillus subtilis enthalten. Filterplättchen mit 10 μl Urin werden auf die Agarplatten gelegt und 24 h bei 36 Grad Celsius bebrütet, die Ausbildung von Hemmhöfen weist auf antibakterielle Hemmstoffe hin.
Resistenzbestimmung oder Antibiogramm
Eine definierte Menge von einzelnen Kolonien einer Reinkultur wird in NaCl resuspendiert. Die Bakterienmenge wird anhand der Trübung abgeschätzt (McFarland Standard 0,5) oder genauer mit Hilfe der Photometrie bestimmt. Die Bakteriensuspension wird mit Hilfe eines Wattetupfers auf einer Müller-Hinton Agarplatte lückenlos ausgestrichen. Ziel ist ein gleichmäßiges und konfluentes Wachstum der Bakterienkolonien. Zusätzlich wird von der Bakteriensuspension eine Kontrollplatte beimpft, um die Inokulumsreinheit zu überprüfen. Filterplättchen mit den gängigen Antibiotika (Agardiffusionstest) werden auf die Müller-Hinton Agarplatte gelegt und die Platten werden 24 h bei 36 Grad Celsius bebrütet. Das Antibiotikum diffundiert aus dem Filterplättchen in den Agar und bildet in Abhängigkeit der Empfindlichkeit einen unterschiedlich großen Hemmhof.
EUCAST:
Die Resistenztestung ist inzwischen genormt, in Europa von EUCAST (European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing). Auf der Internetseite http://www.eucast.org wird detailliert die Technik der Resistenztestung und die Durchmesser der Hemmhöfe für die Auswertung der Sensibilität und Resistenz publiziert und jährlich aktualisiert. Für die Resistenzbestimmung existieren auch mehrere kommerzielle Systeme, um das Verfahren zu vereinfachen (z.B. RAS-ID System von der Firma BIO-RAD oder VITEK-System von bioMérieux).
Interne Qualitätssicherung:
Die Methodik der Resistenztestung muss mit Hilfe von definierten Referenzkulturen (Kontrollstämme) wöchentlich und bei Chargenwechsel überprüft werden. Die Referenzkulturen sind in kryokonservierter Form käuflich erhältlich, mindestens monatlich müssen frische Stammkulturen daraus hergestellt werden. Die daraus gezogene Gebrauchskultur darf längstens eine Woche verwendet werden. Es ist eine Statistik über die Empfindlichkeit der nachgewiesenen Erreger gegenüber Antibiotika zu führen (RiliBÄK 2014).
Externe Qualitätssicherung:
Halbjährliche Teilnahme an Ringversuchen.
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Literatur Urinkultur
English Version: Urine culture and 24-hour urine