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Ileum-Conduit zur Harnableitung: Technik und Komplikationen
Definition des Ileum-Conduits
Das Ileum-Conduit ist eine inkontinente heterotope Harnableitung nach Entfernung der Harnblase [Abb. Ileum-Conduit]. Die Harnleiter werden mit einer kurzen Ileumschlinge anastomosiert, die durch die Bauchwand als Urostoma ausgeleitet wird [Abb. Ileum-Conduit].
Indikationen zum Ileum-Conduit
Bei Kontraindikationen für eine orthotope oder kontinente Harnableitung ist das Ileum-Conduit die häufigste verwendete Harnableitung:
- Karzinomnachweis in der Prostata/prostatischen Harnröhre, Notwendigkeit der Urethrektomie
- vorbestehende Harninkontinenz
- Niereninsuffizienz (GFR < 60–80&nspb;ml/min)
- fehlende Compliance des Patienten
- geringe Lebenserwartung des Patienten
Vorteile sind die einfache Technik, der geringe Bedarf an Darm, die geringen metabolischen Langzeitkomplikationen und die Vermeidung einer unkontrollierbaren Harninkontinenz. Nachteil ist die Notwendigkeit einer Stomaversorgung.
Kontraindikationen für das Ileum-Conduit
- Erkrankungen des Dünndarms: das Kolon-Conduit ist die bessere Alternative nach pelviner Strahlentherapie, Kurzdarmsyndrom oder Morbus Crohn.
- Alte, multimorbide Patienten mit kurzer Lebenserwartung: die Ureterocutaneostomie ist die schonendere Option.
Operative Technik des Ileum-Conduits
Präoperative Vorbereitungen vor Harnableitungen
Siehe Abschnitt Zystektomie für die präoperativen Vorbereitungen.
Darmpräparation:
Eine Ileumschlinge von 20 cm Länge wird mindestens 20 cm von der Ileozökalklappe entfernt ausgeschaltet, siehe Abschnitt Dünndarmanastomose für die operative Technik. Antiseptische Spülung der Darmschlinge. End-zu-End-Anastomose des verbleibenden Dünndarms.
Harnleiterpräparation:
Beide Harnleiter werden mit einem Mono-J geschient. Die Schienung mit einer MJ-Harnleiterschiene (fixiert mit 4-0 schnell resorbierbarer Naht) erlaubt eine atraumatische Behandlung der Ureteren im weiteren Verlauf. Die Ureteren werden so wenig als möglich freipräpariert und nach kranial mobilisiert, damit deren Blutversorgung erhalten bleibt (Cave: Ureterstriktur im Verlauf). Ein Tunnel vom linken zum rechten Retroperitoneum wird unter dem Mesenterium und über die großen Gefäße mittels Fingerdissektion aufgedehnt. Der linke Harnleiter wird durch den Tunnel auf die rechte Seite geführt.
Ureteroileostomie nach Bricker:
Das orale Ende der Darmschlinge wird fortlaufend verschlossen (PDS 4-0). Die Harnleiter werden spatuliert und einzeln in die antimesenteriale Wand des Konduits anastomosiert (PDS 4-0 Einzelnähte). Die MJ-Ureterstents werden vor Vollendung der Anastomose durch das Ileumsegment ausgeleitet.
Ureteroileostomie nach Wallace:
Bei der Technik nach Wallace werden zunächst die Harnleiter gleichläufig oder gegenläufig Seit-zu-Seit anastomosiert (PDS 4–0 fortlaufend), danach wird die Ureterplatte mit dem oralen Ende der ausgeschalteten Dünndarmschlinge anastomosiert [Abb. Ileoureterostomie]. Die MJ-Ureterstents werden vor Vollendung der Anastomose durch das Ileumsegment ausgeleitet.
Anlage des Urostomas:
Das Urostoma sollte 5 cm von der Wundinzision entfernt sein und durch den M. rectus abdominis verlaufen. Die ideale Lokalisation ist eine infraumbilikale Fettrolle über dem rechten Muskel rectus abdominis, die Stomalokalisation sollte präoperativ am sitzenden Patienten markiert werden. Die Haut an der Stomalokalisation wird kreisförmig entfernt (1,5 cm Durchmesser). Die Faszie wird kreuzförmig gespalten, der Rektus stumpf im Faserverlauf auseinandergedrängt, danach das Peritoneum inzidiert. Zwei Finger sollten bequem durch die Öffnung passen. Das aborale Ende des Ileum-Conduits wird durch den M. rectus abdominis geführt, seine Länge sollte ungefähr 5 cm über das Hautniveau reichen. Das Conduit wird an der Faszie mit PDS 2–0 befestigt (8 Nähte). Danach wird evertierend das Darmende an die Subdermis genäht, sodass ein prominentes nippelförmiges Urostoma entsteht. Bei adipöser Bauchdecke ist dies oft nicht möglich, hier ist als technische Alternative ein Schlingenstoma sinnvoll.
Nachsorge des Ileum-Conduits
Siehe Kapitel Grundlagen der Harnableitung
Komplikationen des Ileum-Conduits
Zusätzlich zu den Komplikationen der Zystektomie sind schwere Komplikationen möglich, manche treten erst Jahre nach der Operation auf (Shimko u.a., 2011):
- Komplikationen der Darmanastomose (10–20%): Obstruktion, Ileus, Fisteln oder Abszess.
- Ischämie und Nekrose des Ileum Conduits (selten)
- Komplikationen der Ureteroileostomie: Urinaustritt mit Urinom, Strikturen mit Hydronephrose (10%)
- Harnwegsinfektionen, Urosepsis
- Harnsteinbildung (15%)
- Stomakomplikationen (15%): Dermatitis, Stomastenose, Stomaretraktion oder Hernien.
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Literatur
Hautmann 2003 HAUTMANN, R. E.:
Urinary diversion: ileal conduit to neobladder.
In: J Urol
169 (2003), Nr. 3, S. 834–42
Shimko MS, Tollefson MK, Umbreit EC, Farmer SA, Blute ML, Frank I. Long-term complications of conduit urinary diversion. J Urol. 2011 Feb;185(2):562-7. doi: 10.1016/j.juro.2010.09.096.
English Version: surgical technique and complications of ileal conduit