Dr. med. Dirk Manski

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Therapie des Blasenschmerzsyndroms und der interstitiellen Zystitis


Zusammenfassende Literatur Interstitielle Zystitis: (von Heyden, 2000) (Oberpenning u.a., 2000) (Sievert u.a., 2000)

Konservative nicht-medikamentöse Therapie der interstitiellen Zystitis

Folgende Interventionen werden angewendet, um alleine oder begleitend mit einer medikamentösen Therapie die Beschwerden des Blasenschmerzsyndroms zu lindern. Die Datenlage ist unsicher:


Gesicherte medikamentöse Therapie des Blasenschmerzsyndroms

Alle unten genannten Medikamente (bis auf PPS) sind für die Indikation interstitielle Zystitis nicht zugelassen (Off-Label Anwendung).

Pentosanpolysulfat (PPS):

Pentosanpolysulfat ist ein pflanzliches, aus Baumrinden hergestelltes "künstliches Heparinoid". Die Dosierung beträgt 100 mg 1–1–1 p.o., das PPS wird über die Nieren ausgeschieden, lagert sich an die GAG-Schicht des Urothels und soll die Permeabilität des Urothels vermindern, der Therapieeffekt ist erst nach sechsmonatiger Einnahme zu beurteilen. In randomisierten Studien Wirksamkeit nach 6 Monaten in 30 %(Hwang u.a., 1997) (Sant u.a., 2003). PPS ist seit 2017 in Deutschland zugelassen.

Vaginale Östrogenisierung:

Die vaginale Östrogenisierung bei postmenopausalen Frauen führt zu einer Linderung von Reizblasenbeschwerden und Reduktion von Harnwegsinfektionen, sie sollte als Basistherapie angeboten werden. Dabei ist die vaginale Anwendung als Kapsel, Salbe oder Ring mit Östrogenfreisetzung erfolgreicher und nebenwirkungsärmer als die orale Hormonersatztherapie. Dosierung: 0,03–0,5 mg intravaginal Estriol einmal pro Woche.

Hydroxyzin:

Hydroxyzin ist ein Antihistaminikum (H1-Antagonist) mit sedierender Wirkung. Die Dosierung ist 25 mg 0–0–1 p.o. für 1 Woche, dann Dosissteigerung auf 1–0–2 für 3 Monate. V. a. bei Patienten mit Hinweisen auf Allergien, allerdings konnte in einer randomisierten Studie keine Wirksamkeit nachgewiesen werden (Sant u.a., 2003).

Amitriptylin:

Amitriptylin ist ein trizyklisches Antidepressivum, welches auch zur Therapie von neuropathischen Schmerzen verwendet wird. Einschleichende Dosierung mit 25 bis 75 mg 0-0-1. Die Wirkung wird über anticholinerge, antihistaminerge und adrenerge Effekte vermittelt. Ein Drittel der Patienten berichtet über eine anhaltende Beschwerdeverbesserung. Sedierung ist die häufigste Nebenwirkung. Vorsicht: kardiale Toxizität ist möglich.

Schmerztherapie:

Die Schmerztherapie setzt Analgetika nach dem WHO-Stufenschema ein: nichtsteroidale Analgetika, evtl. kombiniert mit Opiaten.

Immunsuppressiva:

sehr gutes Ansprechen auf Ciclosporin. Problematisch sind die starken Nebenwirkungen von Immunsuppressiva, somit nur eine Option bei gleichzeitiger Autoimmunerkrankung.

Antibiotika:

bei positiver Urinkultur oder als einmalige empirische Therapie bei Erstmanifestation der Beschwerden. Geringe Wirksamkeit bei Anwendung ohne nachgewiesenen Harnwegsinfekt.

Ungesicherte medikamentöse Therapie:

Über zahlreiche Medikamente liegen positive Ergebnisse von unkontrollierten kleinen Studien vor, welche nie prospektiv oder randomisiert von anderen Arbeitsgruppen validiert wurden: L-Arginin (NO-Donator), Anticholinergika, Misoprostol (orales Prostaglandin), Montelukast (Leukotrien-Antagonist), Prednisolon, Nifedipin (Calcium-Antagonist), Cimetidin (H2-Antihistaminika).

Intravesikale Therapie

Hydrodistension der Harnblase:

Die Hydrodistention der Harnblase in Narkose ist meist der erste Therapieversuch, und sie hat auch diagnostische Bedeutung zur Bestimmung der Harnblasenkapazität. Dabei wird die Harnblase mit einem Druck bis 100 cm Wassersäule über 5–8 min gefüllt, eine Besserung der Symptome ist bei einem Teil der Patienten zu erwarten. Die Wirkung(sweise) ist unklar, es ist allenfalls eine kurzfristige Wirkung bei ungefähr 20 % der Patienten zu erwarten.

Intervesikale Instillationen zur Regeneration der GAG-Schicht:

Die Regeneration der GAG-Schicht soll die erhöhte Permeabilität des Urothels bessern. Zur Instillation werden , Heparin, Chondroitinsulfat oder Hyaluronsäure einzeln oder in Kombination verwendet. Die Instillationen werden meist mit wöchentlichen Intervallen begonnen. Im Verlauf können die Dosierungsintervalle nach Ansprechen der Therapie deutlich gesteigert werden (monatliche Erhaltungstherapie).

Die Therapie ist je nach Präparat sehr teuer und wird meist von den gesetzlichen Kassen nicht übernommen. Es existieren nur wenige randomisierten Studien, diese konnten nur eine begrenzte oder statistisch nicht signifikante Wirkung nachweisen (Nickel u.a., 2012) (Madersbacher u.a., 2012). Die in Deutschland erhältlichen Fertigspritzen sind nach dem Medizinproduktegesetz zugelassen, damit wurde die Durchführung guter kontrollierter Studien vermieden.

Ungesicherte intravesikale Therapie

DMSO, Lidocain und Dexamethason (ggf. mit Iontophorese, ggf. gefolgt von einer Harnblasendehnung ohne Narkose), Injektionen von Botulinumtoxin A.

Operative Therapie der interstitiellen Zystitis

Endourologische Therapie:

Resektion oder Koagulation der Hunner-Ulcera, mit Schlinge oder Laser. Initial gute Verbesserung, aber hohe Rezidivfrequenz in 1–3 Jahren. Keine prospektiven Studien vorhanden.

Sakrale Nervenstimulation:

Die sakrale Nervenstimulation bessert subjektive und objektive Symptome, bisher gibt es nur kleine Studien mit kurzer Nachbeobachtung. Dies gilt auch für die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS).

Offen-chirurgische Therapie:

Mittel der letzten Wahl nach erfolgloser medikamentöser und interventioneller Therapie. Die chirurgische Therapie ist eine gute Option bei quälender Pollakisurie aufgrund fehlender Harnblasenkapazität (<250 ml gemessen in Narkose). Die Beseitigung von chronischen Schmerzen gelingt mit chirurgischen Eingriffen weniger zuverlässig. Selbst nach kompletter Zystektomie und Harnableitung persistiert bei einem signifikantem Anteil der Patienten der chronische Schmerzzustand.

Supratrigonale Zystektomie:

Erhalt des Trigonums und Rekonstruktion der Harnblase mit Darm.

Subtrigonale Zystektomie:

Alternative zur Harnblasenaugmentation. Vorteilhaft ist die komplette Harnblasenentfernung als mögliche Symptomquelle, nachteilig ist die Notwendigkeit der Harnleiter-Darm-Anastomose.






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Literatur Interstitielle Zystitis

Hanno, P. & Dmochowski, R. Status of international consensus on interstitial cystitis/bladder pain syndrome/painful bladder syndrome: 2008 snapshot.
Neurourol Urodyn, 2009, 28, 274-286.

von Heyden 2000 HEYDEN, B. von: Intravesikale Therapie bei interstitielle Zystitis.
In: Urologe A
39 (2000), S. 542–544

Loch, A. & Stein, U. [Interstitial cystitis. Current aspects of diagnosis and therapy].
Urologe A, 2004, 43, 1135-1146.

Oberpenning u.a. 2000 OBERPENNING, F. ; OPHOVEN, A. van ; HERWIG, R. ; PIECHOTA, H. J.: [Diagnosis of interstitial cystitis].
In: Urologe A
39 (2000), Nr. 6, S. 530–4

Sant, G. R.; Propert, K. J.; Hanno, P. M.; Burks, D.; Culkin, D.; Diokno, A. C.; Hardy, C.; Landis, J. R.; Mayer, R.; Madigan, R.; Messing, E. M.; Peters, K.; Theoharides, T. C.; Warren, J.; Wein, A. J.; Steers, W.; Kusek, J. W. & Nyberg, L. M. A pilot clinical trial of oral pentosan polysulfate and oral hydroxyzine in patients with interstitial cystitis
J Urol, 2003, 170, 810-5.

Sievert u.a. 2000 SIEVERT, K. D. ; EDENFELD, K. D. ; OBERPENNING, F. ; PIECHOTA, H. J.: [Oral therapy of interstitial cystitis].
In: Urologe A
39 (2000), Nr. 6, S. 535–8


  English Version: Treatment of bladder pain syndrome and interstitial cystitis