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Transurethraler Dauerkatheter: Legen und Komplikationen
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Indikationen für transurethrale Dauerkatheter
Für die Dauerkatheterisierung werden 2-Wege-Katheter mit einem dicken Kanal für die Urindrainage und einem dünnen Kanal für die Ballonblockade verwendet [Abb. Katheterquerschnitte]. Je nach Indikation zur Drainage des unteren Harntrakts unterscheiden sich die verwendeten Katheter in Form und Material.
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- Einmalige Entleerung der Harnblase: Zur sterilen Uringewinnung (Alternativ zum Mittelstrahlurin oder suprapubische Punktion), vor Zystogramm oder Urodynamik, Restharnmessung (wenn Sonographie nicht verfügbar ist), zur intravesikalen Therapie (BCG, Mitomycin C u.a.), zur Therapie eines Harnverhaltes (intermittierender Selbstkatheterismus).
- Dauerkatheter zur Diagnostik: Bestimmung der Urinausscheidung nach Operationen oder bei schweren Erkrankungen. Es genügen dünne Katheter von (12–16 CH bei Erwachsenen).
- Dauerkatheter zur Therapie: Bei Harnverhalt, druckfreie Urinableitung nach Operationen oder Verletzungen des Harntrakts, schwere Harnwegsinfektionen bei Patienten mit inneren Harnleiterschienen oder vesikoureteralen Reflux, perioperativ bei großen Eingriffen. Bei Hämaturie oder Verletzungen des Harntrakts sollten dickere Katheter für eine sichere Urindrainage verwendet werden (18–22 CH bei Erwachsenen).
- Dauerkatheter zur Palliation: bei Inkontinenz oder Immobilität bei präfinalen Patienten, es genügen dünne Katheter von (12–16 CH bei Erwachsenen). Siehe auch Tab. Kathetervergleich bezüglich den Vor- und Nachteilen der transurethralen oder suprapubischen Dauerkatheterisierung.
- Spülkatheter: werden zur Vermeidung einer Harnblasentamponade bei Blutungen des Harntraktes oder nach urogenitalen Operationen eingesetzt. Spülkatheter sind großlumige 3-Wege-Katheter (20–24 CH) mit einem Kanal für die Urindrainage, einem Kanal für die Spüllösung und einem dünnen Kanal für die Ballonblockade [Abb. Katheterquerschnitte]. Bei den Katheterspitzen besteht eine große Vielfalt hinsichtlich der Form der Katheterspitze und Anordnung der Drainageaugen (Nelaton, Tiemann, Couvelair, Dufour oder Mercier, siehe Abb. Katheterspitzen).
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transurethraler Dauerkatheter | suprapubischer Dauerkatheter | |
Vorteile |
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Nachteile |
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Kontraindikationen für transurethrale Dauerkatheter:
- V. a. Harnröhrenabriss (Einlegen nur unter Sicht oder Röntgenkontrolle)
- Nicht passierbare Harnröhrenstriktur oder Via falsa
- Transurethralen Katheter sollten bei akuter Prostatitis oder Epididymitis vermieden werden
Katheter legen: Technik der transurethralen Katheterisierung beim Mann
Die Verwendung eines Kathetersets und die Assistenz einer Hilfsperson erleichtern die Katheteranlage.
- Flache Rückenlage, Unterkörper vollständig entblößt. Flüssigkeitsundurchlässiges Tuch unterlegen.
- Arbeitsmaterialien vorbereiten, hygienische Händedesinfektion. Sterile Handschuhe anlegen.
- Penis mit linker Hand proximal der Eichel fassen, nach oben strecken (die linke Hand wird unsteril). Alle weiteren Arbeiten mit steriler rechter Hand.
- Desinfektion des Penis mit Tupfern und Pinzette.
- Langsame Injektion von sterilem Gleitmittel mit Lokalanästhetikum in die Harnröhre. Abdecken des Genitals mit sterilem Lochtuch.
- Vorschieben des sterilen Katheters unter aseptischen Bedingungen. Die Krümmung der Katheterspitze wird dabei nach 12 Uhr ausgerichtet. Beim Passieren des Sphinkters: Penis leicht absenken, um die Krümmung der Harnröhre auszugleichen.
- Füllung des Katheterballons mit destilliertem Wasser oder 10% Glycerin-Wasser-Lösung.
Schwierige Situationen bei der transurethralen Katheterisierung:
Harnröhrenstrikturen, eine Via falsa durch frustrane Versuche oder Erkrankungen der Prostata können eine transurethrale Katheterisierung erschweren oder verhindern. Folgende Möglichkeiten sind zu erwägen, wenn eine transurethrale Katheterisierung nicht durch eine suprapubische Harnableitung ersetzt werden kann:
- Bei Harnröhrenstrikturen: schrittweises Bougierung mit Einmalkathetern oder Harnröhrensonden. Achtung: es besteht Gefahr einer Via falsa. Sicherer ist die Einlage eines Arbeitsdrahtes und Bougierung mit Ureterdilatatoren, Amplatzdilatatoren oder mit Hilfe einer Führungshülse (Access Sheath) für die flexible URS.
- Bei Via falsa: Einlage eines (hydrophilen) Arbeitsdrahtes mit Zystoskop oder blind mit Kontrolle durch Röntgen oder Sonographie. Kathetereinlage über Draht (zentral offener Katheter).
Technik der transurethralen Katheterisierung bei der Frau:
- Flache Rückenlage, Unterkörper vollständig entblößt, Beine abgespreizt und angezogen.
- Flüssigkeitsundurchlässiges Tuch unterlegen. Arbeitsmaterialien vorbereiten, hygienische Händedesinfektion. Sterile Handschuhe anlegen.
- Die linke Hand spreizt die Schamlippen und wird unsteril. Alle weiteren Arbeiten mit der sterilen rechten Hand.
- Desinfektion der Vulva mit Pinzette und Tupfern, Abdecken des Genitals mit einem sterilen Lochtuch.
- Katheter mit Gleitmittel benetzen und unter aseptischen Bedingungen durch die Harnröhrenöffnung vorschieben.
- Füllung des Katheterballons mit destilliertem Wasser oder 10% Glycerin-Wasser-Lösung.
Schwierige Situationen:
Aufgrund einer Adipositas per magna oder Vulvaatrophie kann der Meatus externus der Urethra nicht sichtbar sein. Folgende Techniken helfen bei der Katheterisierung:
- Blinde Kathetereinlage über einen vaginal palpierenden Finger.
- Kathetereinlage in Steinschnittlage, ggf. mit Verwendung eines Spekulums.
- Bei Harnröhrenstrikturen: siehe oben.
Komplikationen der transurethralen Katheterisierung:
Verletzungen:
Insbesondere mit starren Kathetern kann es aufgrund einer Schleimhautfalte oder Harnröhrenenge zu einer Verletzung der Harnröhre, Perforation und Via falsa kommen.
Harnröhrenstrikturen:
Harnröhrenstrikturen entstehen durch Infektionen oder durch eine ischämische Schädigung der Harnröhre. Risikofaktoren sind die Katheterisierungdauer, dicke Katheter oder Zug am Katheter.
Biofilmentstehung und Verstopfung:
Der Harnblasenkatheter wird innerhalb von Stunden von einem körpereigenen Biofilm aus Proteinen und anderen Makromolekülen benetzt. Dieser Biofilm wird durch bakterielle Kolonisation und Umbau immer dicker, der bei Dislokation oder entsprechender Dicke das Lumen verstopfen kann.
Keimaszension und Infektionen:
Trotz geschlossener Urinableitung gelangen Bakterien extraluminal durch eine Keimaszension entlang des Biofilms in die Harnblase. Die Bakteriurierate steigt mit jedem Katheterisierungstag um 3-10%, davon ausgehend drohen klinische Infektionen (Zystitis, Urethritis, Prostatitis, Epididymitis oder Pyelonephritis). Siehe auch Kapitel Harnwegsinfektion.
Blockadeverhalt:
Salzausfällungen, Beschädigung des Blockadekanals oder Ventils können die Entblockung und Entfernung des Katheters verhindern. Zur Abhilfe eines Blockadeverhaltes wird zunächst der Katheter 10 cm vor dem Meatus der Harnröhre abgeschnitten, um einen Ventildefekt zu beheben. Falls keine Entblockung erfolgt, kann der Ballon mit einem starren, dünnen Mandrin (z. B. von einem Ureterkatheter) durch den Blockungskanal perforiert werden. Gelingt dies nicht, ist eine sonographisch gesteuerte suprapubische Punktion des Katheterballons bei gefüllter Harnblase erforderlich.
Weitere Komplikationen:
Harnblasensteine. Plattenepithelkarzinom bei sehr langer Dauerkatheterisierung.
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Literatur
Ahluwalia, R. S.; Johal, N.; Kouriefs, C.; Kooiman, G.;
Montgomery, B. S. I. & Plail, R. O.
The surgical risk of suprapubic
catheter insertion and long-term sequelae.
Ann R Coll Surg Engl, 2006,
88, 210-213
Sökeland, J., Brühl, P., Hertle, L., and Piechota, H. (2000).
Katheterdrainage der harnblase heute.
Dtsch Arztebl, 97(4):A167-A174.
English Version: Indications, complications, and insertion technique of a foley catheter
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