Dr. med. Dirk Manski

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Leitlinien-basierte Empfehlungen für die perioperative Antibiotikaprophylaxe in der Urologie

Mechanismus der Antibiotikaprophylaxe

Die perioperative Antibiotikagabe senkt die Bakterienkonzentration in der Wunde und damit das Risiko einer Wundinfektion. Je höher die potentielle Bakterienkontamination der Wunde, desto größer der Nutzen der Antibiotikaprophylaxe. Weiterhin kann die perioperative Antibiotikagabe urologische Komplikationen wie Harnwegsinfektionen oder Harnröhrenstrikturen verringern.

Klassifikation von Eingriffen nach Kontaminationsgrad

Aseptisch:

Elektive Operation ohne Eröffnung des Gastrointestinal- oder Urogenitaltrakts. Die fäufigsten Keime für eine Wundinfektion sind Staphylokokken, das Risiko liegt unter 2\,\% (ohne Risikofaktoren des Patienten). Eine Antibiotikaprophyaxe ist bei Risikofaktoren des Patienten und bei großen Wundhöhlen zu erwägen.

Kontaminiert:

Eröffnung der Schleimhaut des Gastrointestinal- oder Urogenitaltrakts. Neben Staphylokokken sind die häufigsten Erreger Enterobakterien und Enterokokken, bei Eröffnung des GI-Traktes zusätzlich noch Anaerobier. Eine Antibiotikaprophyaxe sollte durchgeführt werden.

Septisch:

Eingriffe in Körperregionen mit massiver bakterieller Kontamination durch bereits bestehende Infektionen oder offene Traumata mit starker Verschmutzung. Meist ist eine mehrtägige Antibiotikatherapie notwendig.

Zeitpunkt der Antibiotikaprophylaxe

Die Antibiotikaprophylaxe wird 30–60 min vor dem Hautschnitt intravenös verabreicht, sodass zum Zeitpunkt des Hautschnittes die maximale Antibiotikakonzentration im Gewebe besteht. Die Wiederholung der Antibiotikagabe wird nach 4 h OP-Dauer (je nach Halbwertszeit) oder bei großem Blutverlust empfohlen (Zimmerli, 1998). Statt einer Einmalgabe sind auch bis zu drei Antibiotikagaben am Operationstag als Antibiotikaprophylaxe anerkannt, die Datenlage für eine bessere Senkung der Infektionsrate gegenüber einer Einmalgabe ist unsicher. Die prophylaktische Langzeittherapie über mehrere Tage führt nicht zu einer weiteren Senkung des Wundinfektionsrisikos.

Indikationen der Antibiotikaprophylaxe

Zusammenfassung der Indikation zur perioperativen Antibiotikaprophylaxe bei urologischen Eingriffen siehe folgende Tabelle:


Perioperative Antibiotikaprophylaxe, modifiziert nach EAU Leitlinien: Die Antibiotikaprophylaxe wird i. d. R. als Einmalgabe intravenös vor OP-Beginn gegeben. Dosierungen siehe unten. Wiederholung bei langer Operationsdauer und bei großem Blutverlust. Vorsicht: in alten Leitlinen werden häufig Fluorchinolone empfohlen, diese sind nicht mehr für eine Prophylaxe zugelassen (Drug Safety Mail 2019-40).
* Risikofaktoren des Patienten für eine Wundinfektion sind: Kachexie, Koagulopathien, Schock und Verbrennungen, Polytrauma, Diabetes mellitus, Immunschwäche, Rauchen, Alkoholismus, Glukokortikoidtherapie, präoperativ bestehende Dauerkatheter oder Harnleiterschienen.
Operation Antibiotikaprophyaxe
Operationen mit Eröffnung des Harntrakts Cephalosporin oder Aminopenicillin mit β-Lactamase-Inhibitor, Alternativen sind Clindamycin oder Gentamicin.
Operationen mit Eröffnung des Darmtrakts Cephalosporin oder Aminopenicillin mit β-Lactamase-Inhibitor kombiniert mit Metronidazol, alternativ Clindamycin oder Gentamicin kombiniert mit Metronidazol.
Operationen ohne Darm- oder Harntrakteröffnung, Operationen am äußeren Genital nur bei Risikofaktoren (*) für eine Wundinfektion wird eine Antibiotikaprophylaxe mit einem Cephalosporin oder Aminopenicillin mit β-Lactamase-Inhibitor i. v. empfohlen, Alternativen sind Clindamycin oder Gentamicin.
Häufig wird eine Antibiotikaprophylaxe bei größeren Operationen auch ohne das Vorliegen von Risikofaktoren empfohlen.
TURB, TURP, Ureterorenoskopie, Perkutane Nephrolitholapaxie Aminopenicillin mit β-Lactamase-Inhibitor oder Cephalosporin, Alternativen sind Clindamycin, Cotrimoxazol oder Gentamicin.
Transperineale Prostatabiopsie Aminopenicillin mit β-Lactamase-Inhibitor oder Cephalosporin als Einzelgabe, Alternativen sind Clindamycin oder Gentamicin.
Transrektale Prostatabiopsie Aminopenicillin mit β-Lactamase-Inhibitor, Gentamicin, Fosfomycin oder Cephalosporin, Dosierung über 1–3 Tage, teilweise auch kombiniert angewendet. Ein vorheriger Rektalabtrich mit Resistenzprüfung hilft bei der Entscheidung.



Dosierungen der perioperativen Antibiotikaprophylaxe



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Literatur Perioperative Antibiotikaprophylaxe


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