Dr. med. Dirk Manski

 Sie sind hier: Startseite > Diagnostik > Blutuntersuchung > Tumormarker PSA

PSA (Prostataspezifisches Antigen): Prostatakarzinom Tumormarker

Das Prostata-spezifische Antigen (PSA) ist ein Gewebskallikrein (formeller Name: humanes Kallikrein 3 = hK3): Glykoprotein, Molekülmasse 33000 Dalton, 237 Aminosäuren groß. PSA wird in einer inaktiven Vorform in der Drüsenzelle produziert (PreProPSA), durch Abspaltung entsteht ProPSA (immer noch inaktiv), welches dann in die Samenflüssigkeit sezerniert wird. Durch eine weitere Abspaltung (durch Kallikrein 2, hK2) wird PSA in den Samenwegen aktiviert. PSA ist eine Serinprotease und dient der Samenverflüssigung. (Polascik u.a., 1999).

Vorkommen und Biochemie:

Die Hauptmenge des PSA wird in die Samenflüssigkeit sezerniert, im Blut ist die Konzentration um den Faktor 1000000 kleiner, normalerweise unter 4 ng/ml. In geringsten Konzentrationen und ohne klinische Bedeutung ist PSA auch in Mamma, Muttermilch, Endometrium und Tumoren von Nieren und Nebennieren nachweisbar.

Das aktive PSA wird in der Samenflüssigkeit durch Proteolyse zu inaktiven PSA gespalten. Inaktives PSA, welches in die Blutbahn gelangt, zirkuliert als freies PSA (fPSA, 10–30%). Aktives PSA, welches in die Blutbahn gelangt, wird von Proteaseninhibitoren wie α1-Antichymotrypsin (ACT) oder α2-Makroglobulin (AMG, A2M) durch eine Komplexbindung inaktiviert (cPSA, 70–90%). Das totale PSA (tPSA) kommt somit im Blut als freies PSA (fPSA) und als komplexiertes PSA (cPSA) vor.

Das gebundene PSA wird in der Leber abgebaut, eine glomeruläre Filtration findet aufgrund der Größe nicht statt. Die Halbwertszeit beträgt 2–3 Tage. Die Halbwertszeit des freien PSA ist deutlich kürzer, da auch eine glomeruläre Filtration möglich ist (Stephan u.a., 2000).

Indikationen für eine PSA-Bestimmung

die Konzentration von PSA wird zur Früherkennung des Prostatakarzinoms, als Tumormarker im Verlauf der Prostatakarzinomerkrankung und Krankheitsmarker der Prostata (z.B. bei Infektionen) verwendet (Cuzick u.a., 2014).

Tumormarker:

Früherkennung, Prognoseparameter und Tumornachsorge bezüglich des Prostatakarzinoms.

Krankheitsmarker:

Nachweis und Verlaufsparameter einer bakteriellen Prostatitis, Progressionsmarker der benignen Prostatahyperplasie (BPH).

Messmethoden des prostataspezifischen Antigens (PSA):

Das PSA-Molekül besitzt 5 Epitope, welche teilweise durch eine Proteinbindung verdeckt werden oder erst nach Inaktivierung zugänglich werden. Dies ermöglicht die Messung tPSA, fPSA und cPSA mit Hilfe von entsprechenden Antikörpern. Als Messmethode wird meist ein Sandwich-ELISA angewendet. Semiquantitative Teststreifenverfahren sind nicht für die Früherkennungsuntersuchung des Prostatakarzinoms geeignet, werden jedoch kommerziell angeboten.

PSA-Grenzwert bei Vorsorgen

Früher wurde ein starrer PSA-Grenzwert von 4 ng/ml verwendet, um eine Prostatabiopsie zu indizieren. Ein starrer Grenzwert führte jedoch zu einer schlechten Vorhersagegenauigkeit des PSA, die Folge waren umsonst durchgeführte Prostatastanzbiopsien und übersehene Prostatakarzinome.

Die Vorhersagegenauigkeit des PSA kann durch die kombinierte Betrachtung von altersabhängigen Grenzwerten, Anstiegsgeschwindigkeit (PSA-Velocity) und das freie PSA (fPSA) verbessert werden. Suspekt sind PSA-Werte über 2,5 ng/ml, eine PSA-Velocity über 0,75 ng/ml/Jahr und fPSA-Werte unter 20 % [Heidenreich (Eur Urol 2008)]. Ein erhöhter PSA-Wert soll unter Berücksichtigung von Störfaktoren kontrolliert werden. Zusätzlich muss die PSA-Konzentration in Abhängigkeit von weiteren klinischen Variablen interpretiert werden (Tastuntersuchung, Alter, Familienanamnese, Bildgebung). So können unnötige Stanzbiopsien vermindert werden und die Detektion eines Prostatakarzinoms wird verbessert.

1 g Prostatagewebe erhöht das PSA um bis zu 0,15 ng/ml, während Prostatakarzinomgewebe etwa eine 10–30fache PSA-Menge freisetzt. Aufgrund der erheblichen Mengenunterschiede an Gewebe bei BPH (viele Gramm) und Prostatakarzinom (wenige Gramm) sind Grenzwerte (Normalwerte) nicht in der Lage, zwischen einem PCA oder einer BPH zu differenzieren. Das Risiko eines Prostatakarzinoms in Abhängigkeit der PSA-Konzentration wird in Tab. 2.2 dargestellt.


Tabelle 2.2: Risiko für ein Prostatakarzinom bei normalen PSA-Werten, Ergebnisse aus dem Prostate Cancer Prevention Trial (Thompson u.a., 2004).
PSA (ng/ml) Risiko für PCA
<0,5 7 %
0,6 bis 1,0 10 %
1,1 bis 2,0 17 %
2,1 bis 3,0 24 %
3,1 bis 4,0 27 %

Falsch-negativer PSA-Test:

Die PSA-Konzentration liegt im Normbereich, trotzdem liegt ein Prostatakarzinom vor. Ursachen sind nicht PSA-exprimierende Prostatakarzinome, eine antiandrogene Therapie, Finasterid und Dutasterid. Eine Therapie mit Finasterid über 12 Monate führt zur Halbierung der PSA-Konzentration (Guess u.a., 1993). Weitere Ursachen falsch-niedriger PSA-Konzentrationen sind Voroperationen an der Prostata wie TURP oder Adenomektomie.

Falsch-positiver PSA-Test:

Die PSA-Konzentration liegt über dem Normbereich, trotzdem liegt kein Prostatakarzinom vor. Die wichtigsten Ursachen sind die benigne Prostatahyperplasie, Entzündungen (Prostatitis), Harnverhalte, Traumata, sexuelle Aktivität und exzessives Fahrradfahren (Tchetgen u.a., 1996). Nach iatrogener Manipulation wie Zystoskopie oder Katheterisierung ist eine PSA-Erhöhung möglich (Oesterling u.a., 1993b). Eine rektale Untersuchung führt nur zu einer geringen PSA-Erhöhung (im Durchschnitt um 0,4 ng/ml) und ist selten die Ursache für falsch-pathologische Werte (Chybowski u.a., 1992) (Crawford u.a., 1992). Nach einer Prostatabiopsie dauert die Normalisierung des PSA-Wertes bis zu 4 Wochen (Oesterling u.a., 1993b).



Verbesserung der Sensitivität und Spezifität bei Vorsorgeuntersuchungen:

Die oben genannten Zahlen machen die niedrige PSA-Sensitivität und Spezifität deutlich. Mit Hilfe von altersabhängigen Grenzwerten, der Beachtung der freien PSA-Konzentration (fPSA), der PSA-Dichte und der PSA-Velocity können unnötige Stanzbiopsien vermindert werden.

Altersabhängige PSA-Grenzwerte:

Altersabhängige PSA-Grenzwerte können unnötige Stanzbiopsien bei älteren Patienten vermeiden und potentiell aggressive Tumoren bei jungen Patienten zusätzlich entdecken (Oesterling u.a., 1993a), dies ist jedoch umstritten (Littrup u.a., 1994).

Freies prostataspezifisches Antigen (fPSA):

Mit fallendem Anteil des fPSA erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für ein Prostatakarzinom. Das fPSA wird verwendet, um die Sensitivität des PSA bei Vorsorgeuntersuchungen im Bereich von 2–4 ng/ml zu erhöhen. Weiterhin kann mit dem fPSA die Spezifität des PSA im Bereich von 4–10 ng/ml verbessert werden. Ein fPSA-Anteil von über 20–25 % gilt als unverdächtig für ein Prostatakarzinom. Zahlreiche Studien konnten einen Zusammenhang zwischen einem niedrigen fPSA-Anteil und einem aggressiven Prostatakarzinom vor kurativer Therapie nachweisen (Masieri u.a., 2012).


Risiko für ein Prostatakarzinom in Abhängigkeit des freien PSA (fPSA) im PSA-Bereich 4–10 ng/ml
Freies PSA und das Risiko für ein Prostatakarzinom

Das fPSA besteht aus verschiedenen Isoformen, das falsch gespaltene und damit inaktive proPSA (genauer: Isoform [-2]proPSA) konnte in manchen Studien besserer Vorhersagewerte als tPSA oder fPSA erreichen (Lazzeri u.a., 2013) (Furuya u.a., 2017). Die klinische Anwendung ist jedoch noch nicht etabliert.

Komplexiertes PSA (cPSA):

Spezielle Messmethoden können auch das an Makromoleküle im Blut gebundene cPSA erfassen. Im Umkehrschluss zum freien PSA (fPSA) ist das cPSA bei einem Prostatakarzinom erhöht. Die Bestimmung des cPSA hat sich im klinischen Alltag noch nicht durchgesetzt, ein deutlicher Vorteil gegenüber der fPSA-Bestimmung steht noch aus.

PSA-Dichte (PSAD):

bei Patienten mit großer Prostata (BPH) und PSA-Werten von 4–10 ng/ml kann die Beachtung der PSA-Dichte unnötige Prostatabiopsien vermeiden. Die PSA-Dichte errechnet sich nach folgender Formel:

figure psa density formula

Ab einem Prostatavolumenquotienten über 0,1–0,15 ist die Wahrscheinlichkeit eines Prostatakarzinoms erhöht. Aber auch bei nicht suspekter PSA-Dichte werden signifikante Prostatakarzinome gefunden (Catalona u.a., 1994)(Catalona u.a., 1997).



PSA-Velocity (PSAV):

Mit Hilfe von 3 PSA-Bestimmungen (PSA1–3) innerhalb von 2 Zeitabschnitten (t1–2) kann die PSA-Velocity nach Formel 1.2 ausgerechnet werden. Der Anstieg von mehr als 0,75 ng/ml/Jahr weist auf ein Prostatakarzinom hin (Carter u.a., 1992):

figure psa velocity formula

Die Beachtung der PSA-Velocity erhöht die Sensitivität und Spezifität der PSA-Messung (Carter u.a., 1992). In einer anderen Studie wurde eine PSA-Velocity von 0,5 ng/ml/Jahr als Grenzwert empfohlen (Berger u.a., 2007). Im Widerspruch dazu war die PSA-Velocity in der europäischen Screening-Studie kein nützlicher Parameter (Roobol u.a., 2004).

PSA-Verdoppelungszeit (PSADT):

Die PSA-Verdoppelungszeit ist ein guter Parameter, um die Prognose eines PSA-Anstieges nach kurativer Therapie zu beurteilen. Eine Verdopplungszeit unter 6–12 Monaten spricht für eine schlechte Prognose (Metastasen, Tod durch Prostatakarzinom). Die Berechung der PSA-Verdoppelungszeit ist komplex. Genaue Berechnungen können nur mit mehreren PSA-Werten über maximal 12 Monate erreicht werden, mehrere Formeln existieren in der Literatur (Arlen, 2008).

Als Näherung kann die folgende Formel verwendet werden, benötigt werden 2 PSA-Werte (PSA1 und PSA2) im Abstand eines Zeitintervalls von mindestens 3 Monaten. Die Formel verwendet ln, den natürlichen Logarithmus mit Grundzahl e. Das Zeitintervall sollte in Monaten angegeben werden, als Ergebnis errechnet die Formel die PSA-Verdoppelungszeit (PSADT) in Monaten:


Formel zur Berechnung der PSA-Verdoppelungszeit







 Sachregistersuche: A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z


Literatur

Babaian u.a. 1998 BABAIAN, R. J. ; FRITSCHE, H. A. ; ZHANG, Z. ; ZHANG, K. H. ; MADYASTHA, K. R. ; BARNHILL, S. D.: Evaluation of prostAsure index in the detection of prostate cancer: a preliminary report.
In: Urology
51 (1998), Nr. 1, S. 132–6

Carter u.a. 1992 CARTER, H. B. ; PEARSON, J. D. ; METTER, E. J. ; BRANT, L. J. ; CHAN, D. W. ; ANDRES, R. ; FOZARD, J. L. ; WALSH, P. C.: Longitudinal evaluation of prostate-specific antigen levels in men with and without prostate disease.
In: Jama
267 (1992), Nr. 16, S. 2215–20

Catalona u.a. 1997 CATALONA, W. J. ; BEISER, J. A. ; SMITH, D. S.: Serum free prostate specific antigen and prostate specific antigen density measurements for predicting cancer in men with prior negative prostatic biopsies.
In: J Urol
158 (1997), Nr. 6, S. 2162–7

Catalona u.a. 1994 CATALONA, W. J. ; RICHIE, J. P. ; DEKERNION, J. B. ; AHMANN, F. R. ; RATLIFF, T. L. ; DALKIN, B. L. ; KAVOUSSI, L. R. ; MACFARLANE, M. T. ; SOUTHWICK, P. C.: Comparison of prostate specific antigen concentration versus prostate specific antigen density in the early detection of prostate cancer: receiver operating characteristic curves.
In: J Urol
152 (1994), Nr. 6 Pt 1, S. 2031–6

Chybowski u.a. 1992 CHYBOWSKI, F. M. ; BERGSTRALH, E. J. ; OESTERLING, J. E.: The effect of digital rectal examination on the serum prostate specific antigen concentration: results of a randomized study.
In: J Urol
148 (1992), Nr. 1, S. 83–6

Crawford u.a. 1992 CRAWFORD, E. D. ; SCHUTZ, M. J. ; CLEJAN, S. ; DRAGO, J. ; RESNICK, M. I. ; CHODAK, G. W. ; GOMELLA, L. G. ; AUSTENFELD, M. ; STONE, N. N. ; MILES, B. J. ; AL. et: The effect of digital rectal examination on prostate-specific antigen levels.
In: Jama
267 (1992), Nr. 16, S. 2227–8

Guess u.a. 1993 GUESS, H. A. ; HEYSE, J. F. ; GORMLEY, G. J.: The effect of finasteride on prostate-specific antigen in men with benign prostatic hyperplasia.
In: Prostate
22 (1993), Nr. 1, S. 31–7

Littrup u.a. 1994 LITTRUP, P. J. ; KANE, R. A. ; METTLIN, C. J. ; MURPHY, G. P. ; LEE, F. ; TOI, A. ; BADALAMENT, R. ; BABAIAN, R.: Cost-effective prostate cancer detection. Reduction of low-yield biopsies. Investigators of the American Cancer Society National Prostate Cancer Detection Project.
In: Cancer
74 (1994), Nr. 12, S. 3146–58

Oesterling u.a. 1993a OESTERLING, J. E. ; JACOBSEN, S. J. ; CHUTE, C. G. ; GUESS, H. A. ; GIRMAN, C. J. ; PANSER, L. A. ; LIEBER, M. M.: Serum prostate-specific antigen in a community-based population of healthy men. Establishment of age-specific reference ranges.
In: Jama
270 (1993), Nr. 7, S. 860–4

Oesterling u.a. 1993b OESTERLING, J. E. ; RICE, D. C. ; GLENSKI, W. J. ; BERGSTRALH, E. J.: Effect of cystoscopy, prostate biopsy, and transurethral resection of prostate on serum prostate-specific antigen concentration.
In: Urology
42 (1993), Nr. 3, S. 276–82

Polascik u.a. 1999 POLASCIK, T. J. ; OESTERLING, J. E. ; PARTIN, A. W.: Prostate specific antigen: a decade of discovery-what we have learned and where we are going.
In: J Urol
162 (1999), Nr. 2, S. 293–306

Roobol u.a. 2004 ROOBOL, M. J. ; KRANSE, R. ; KONING, H. J. de ; SCHRODER, F. H.: Prostate-specific antigen velocity at low prostate-specific antigen levels as screening tool for prostate cancer: results of second screening round of ERSPC (ROTTERDAM).
In: Urology
63 (2004), Nr. 2, S. 309–13; discussion 313–5

Stamey u.a. 1987 STAMEY, T. A. ; YANG, N. ; HAY, A. R.: Prostate-specific antigen as a serum marker for adenocarcinoma of the prostate.
In: N Engl J Med
317 (1987), S. 909

Stephan u.a. 2000 STEPHAN, C. ; JUNG, K. ; BRUX, B. ; LEIN, M. ; SINHA, P. ; SCHNORR, D. ; LOENING, S. A.: Elimination of serum complexed prostate-specific antigen after radical retropubic prostatectomy.
In: Clin Chem Lab Med
38 (2000), Nr. 4, S. 309–11

Tchetgen u.a. 1996 TCHETGEN, M. B. ; SONG, J. T. ; STRAWDERMAN, M. ; JACOBSEN, S. J. ; OESTERLING, J. E.: Ejaculation increases the serum prostate-specific antigen concentration.
In: Urology
47 (1996), Nr. 4, S. 511–6

  English Version: Prostate-specific antigen (PSA) test