Sie sind hier: Startseite > Medikamente > Chemotherapie > Cisplatin
Cisplatin: Wirkmechanismus, Nebenwirkungen, Kontraindikationen und Dosierung
Wirkmechanismus:
Cisplatin führt zu Reaktionen mit der DNA (kovalente Bindungen zwischen dem Doppelstrang) und damit zur Verhinderung der DNA-Replikation und Transkription. In der Folge führen die Strangabrüche zur Apoptose.
Urologische Indikationen von Cisplatin:
Cisplatin wird in Kombination zur Chemotherapie bei folgenden urologischen Tumoren eingesetzt: Metastasierte Keimzelltumoren (BEP- oder PEI-Schemata), metastasiertes Harnblasenkarzinom oder Urothelkarzinom des oberen Harntrakts (MVAC-Kombination oder mit Gemcitabin).
Pharmakokinetik:
Intravenöse Gabe, Eintritt von Cisplatin in die Zelle durch Diffusion, kovalente Bindung an Blutproteine in bis zu 90 %, überwiegend renale Elimination, terminale Halbwertszeit 24–36 Stunden.
Nebenwirkungen von Cisplatin:
Aufgrund erheblicher Nebenwirkungen hinsichtlich Erbrechen und Knochenmarksinsuffizienz sind supportive Maßnahmen indiziert, siehe Prophylaxe von CINV und Prophylaxe der Neutropenie.
Übelkeit und Erbrechen:
Cisplatin ist hoch emetogen. Es wird zwischen akut auftretendem Erbrechen innerhalb von Stunden nach Chemotherapiegabe und verzögertem Erbrechen 1–5 Tage nach Chemotherapie unterschieden. Eine prophylaktische antiemetische Therapie ist obligat.
Elektrolytverluste:
Vor allem Magnesium, Kalzium, Kalium, Phosphat.
Nephrotoxizität:
Risikofaktoren für die Nephrotoxizität von Cisplatin sind u.a. präexistente Nierenfunktionsstörungen, Dehydratation, Hyperurikämie, Gabe von anderen nephrotoxischen Medikamenten (Aminoglykosiden oder Amphotericin B) und eine Hypoalbuminämie. Typische Befunde sind die Kreatininerhöhung und die Hypomagnesiämie, Hypokaliämie und Hypokalziämie sind auch möglich.
Essentiell für die Vermeidung der Nephrotoxizität ist die intravenöse Hydrierung des Pat., Ziel ist eine Urinausscheidung von mindestens 100 ml/h. Die forcierte Diurese mit Mannitol vor und nach der Gabe von Cisplatin ist bei unzureichender Ausscheidung und bei Hochdosis-Chemotherapie notwendig. Eine begleitende Magnesiumsubstitution wird empfohlen. Die Nephrotoxizität kann reversibel oder irreversibel sein.
Neurotoxizität:
Periphere sensomotorische Neuropathie (dosisabhängig, Risiko steigend mit kumulativer Dosis), Ototoxizität mit Tinnitus und Hochton-Schwerhörigkeit, selten Sehstörungen; gelegentlich Raynaud-Phänomen. Verläufe können partiell irreversibel sein.
Myelosuppression:
Neutropenie, Thrombozytopenie und Anämie. Der Nadir der Knochenmarksdepression liegt um den 14. Tag nach Gabe, die Dauer bis Erholung kann bis zu 40 Tage dauern.
Mutagenes Risiko:
Sehr selten therapieassoziierte Sekundärneoplasien wie Leukämien. Nach drei Zyklen BEP-Schema beträgt das Risiko etwa 0,5%, Etoposid ist der Hauptrisikofaktor. Cisplatin ist auch mutagen gegenüber Keimzellen, eine Kontrazeption ist während und nach der Therapie notwendig.
Fertilität:
Dosisabhängige teilweise irreversible Schädigung der Spermatogenese, die mögliche Erholung dauert mehr als ein Jahr. Nach drei Zyklen BEP beträgt das anhaltende Infertilitätsrisiko 10–30% (Huyghe et al., 2004).
Weitere Nebenwirkungen von Cisplatin:
Mukositis, Zahnfleischblutung, Diarrhoe, Haarausfall, allergische Reaktionen, Leberfunktionsstörungen. Gefahr der Hautnekrosen bei Paravasation.
Wechselwirkungen:
Vermeidung von nephrotoxischen oder myelosuppressiven Substanzen während einer cisplatinhaltigen Chemotherapie. Schleifen-Diuretika (Furosemid) erhöhen die Ototoxizität und sollen nicht zur Diuresesteigerung verwendet werden. Keine Lebendimpfstoffe.
Kontraindikationen von Cisplatin:
Je nach kurativem Potential der cisplatinhaltigen Chemotherapie sind u.g. Kontraindikationen relativ.
- Schwere allergische Reaktionen auf Cisplatin
- Schwere Nierenfunktionsstörungen (ggf. Dosisanpassung oder Alternativen prüfen)
- Vorbestehende schwerwiegende Hörminderung
- Schwere Cisplatin-induzierte Neuropathie
- Schwere Knochenmarksdepression
- Schwangerschaft und Stillzeit
Dosierung von Cisplatin:
Zur Vermeidung der Nephrotoxizität ist die intravenöse Hydrierung des Pat. notwendig: 1000 ml 6–12 h vor Cisplatingabe und 2000 ml 6–12 h nach Cisplatingabe. Die forcierte Diurese (mit Mannitol) wird empfohlen, wenn nach Cisplatin-Gabe die Ausscheidung unter 100–200 ml/h liegt und bei hohen Dosierungen über 60 mg/m2.
Dosierung der BEP- und PEI-Kombination:
20 mg/m2 Cisplatin am Tag 1,2,3,4 und 5 als Kurzinfusion über 1 h. Die Zyklusdauer beträgt 21 d [siehe Schemata BEP und PEI].
Dosierung von Cisplatin in Kombination mit Gemcitabin:
70 mg/m2 Cisplatin am Tag 2, Zyklusdauer entweder 21 oder 28 d [siehe Schema Cisplatin/Gemcitabin].
Dosierung der MVAC-Kombination:
70 mg/m2 Cisplatin am Tag 2, Zyklusdauer 28 d [siehe Schema MVAC].
| Bleomycin | suchen | Etoposid |
Sachregistersuche: A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
Literatur
Go und Adjei 1999 GO, R. S. ; ADJEI, A. A.:
Review of the comparative pharmacology and clinical activity of
cisplatin and carboplatin.
In: J Clin Oncol
17 (1999), Nr. 1, S. 409–22
E. Huyghe et al., “Fertility after testicular cancer treatments: results of a large multicenter study.,” Cancer, vol. 100, no. 4, pp. 732–737, 2004, doi: 10.1002/cncr.11950.
C. N. Sternberg et al., “Methotrexate, vinblastine, doxorubicin, and cisplatin for advanced transitional cell carcinoma of the urothelium. Efficacy and patterns of response and relapse,” Cancer, vol. 64, no. 12, pp. 2448–58, 1989.
von der Maase et al., “Gemcitabine and cisplatin versus methotrexate, vinblastine, doxorubicin, and cisplatin in advanced or metastatic bladder cancer: results of a large, randomized, multinational, multicenter, phase III study,” J Clin Oncol, vol. 18, no. 17, pp. 3068–77, 2000.
English Version: Cisplatin
Urologielehrbuch.de ohne Werbung
Diese Internetseite ermöglicht mit Hilfe von Werbung den Volltext-Zugriff auf das aktuelle Urologielehrbuch.de. Viele Bilder sind zum Schutz von Laien verpixelt oder ausgeblendet. Regelmäßig wiederkehrende (fachkundige) Leser können die Werbebanner abschalten und Zugriff auf alle Abbildungen erhalten: Werden Sie Mitglied über die Crowdfunding-Plattform Steady und unterstützen Sie damit Urologielehrbuch.de.
Urologielehrbuch.de als Hardcover-Buch
Aktuell, detailliert und übersichtlich: Urologielehrbuch.de wird auch als hochwertiges Hardcover-Buch veröffentlicht. Die 17. Auflage (Ausgabe 2024) ist seit Oktober 2024 verfügbar, siehe Abschnitt Neuigkeiten für die Aktualisierungen und Links für den Buchkauf.