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Gemcitabin: Mechanismus, Nebenwirkungen, Kontraindikationen und Dosierung
Wirkmechanismus von Gemcitabin:
Gemcitabin ist ein Prodrug, es wird in der Zelle zu Gemcitabintriphosphat umgewandelt, einem Analogon des Nukleosids Cytidin. Der Einbau in die DNA (vor allem in der S-Phase) verursacht eine sogenannte "masked chain termination", die DNA-Reparatursysteme können das falsche Nukleotid nicht entfernen, die DNA-Synthese stoppt und es kommt zum Zelltod.

Urologische Indikationen von Gemcitabin:
- Beim metastasierten Harnblasenkarzinom (Urothelkarzinom) wird Gemcitabin mit Cisplatin oder, bei fehlender Cisplatin-Eignung, mit etwas geringer Wirksamkeit mit Carboplatin eingesetzt.
- Neoadjuvante oder adjuvante Chemotherapie des Harnblasenkarzinoms oder Urothelkarzinoms des oberen Harntrakts in Kombination mit Cisplatin vor/nach operativer kurativer Therapie (Zystektomie oder Nephroureterektomie.
- Off-label Anwendung in Europa: Intravesikale Therapie des oberflächlichen Harnblasenkarzinoms nach Versagen von BCG, teilweise in Kombination mit Docetaxel. In den USA gibt es seit 2025 eine Zulassung für ein intravesikales Applikationssystem von Gemcitabin (Inlexzo), das über drei Wochen den Wirkstoff freigibt (Daneshmand et al., 2025.
Pharmakokinetik von Gemcitabin:
Gemcitabin wird als intravenöse Gabe über 30 min gegeben, eine Verlängerung der Infusionszeit kann die Exposition und Toxizität erhöhen. Der Metabolismus erfolgt vorwiegend über Cytidindeaminase in Leber, Blut und anderen Geweben zu inaktiven Metaboliten, die hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden werden. Die Halbwertszeit von Gemcitabin beträgt 40–90 min, intrazelluläre aktive Triphosphat-Metabolite persistieren länger.
Nebenwirkungen von Gemcitabin:
Blutbild:
Sehr häufig Knochenmarkssuppression mit Neutropenie, Anämie und Thrombozytopenie. Selten hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) und thrombotische Mikroangiopathie.
Gastrointestinaltrakt:
Sehr häufig Übelkeit und Erbrechen, eine prophylaktische Gabe von Antiemetika wird empfohlen. Häufig Diarrhö, Obstipation, Appetitlosigkeit und Mukositis.
Leber:
Häufig Erhöhung der Transaminasen, alkalische Phosphatase und Bilirubin; meist reversibel.
Atemwege:
Häufig Dyspnoe, Husten, gelegentlich Bronchospasmus oder interstitielle Pneumonitis. Sehr selten schwere pulmonale Toxizität bis ARDS; bei Verdacht Therapie sofort unterbrechen. Eine simultane Strahlentherapie erhöht die Toxizität.
Haut:
Sehr häufig makulopapulöses Exanthem und Juckreiz, häufig Haarausfall. Sehr selten bullöse kutane Reaktionen.
Nieren:
Häufig Proteinurie oder Hämaturie, selten Nierenversagen oder hämolytisch-urämisches Syndrom.
Allgemeinsymptome:
Sehr häufig periphere Ödeme sowie grippeähnliche Symptome (Fieber, Myalgien, Kopfschmerzen, Fatigue).
Sehr selten:
Anaphylaxie, Kapillarlecksyndrom, thromboembolische Ereignisse, Myokardischämie, Herzinsuffizienz, periphere Vaskulitis, posteriores reversibles Enzephalopathie-Syndrom (PRES).
Kontraindikationen von Gemcitabin:
Überempfindlichkeit gegen Gemcitabin. Aktive, unbehandelte schwere Infektionen. Schwangerschaft und Stillzeit.
Keine Gemcitabin-Gabe bei einer Neutropenie unter 500/μl, bei febriler Neutropenie, Thrombozytopenie unter 50 000/μl, oder bei schwerwiegenden Nebenwirkungen ≥Grad 3 wie HUS, Pneumonitis, Leberinsuffizienz oder Niereninsuffizienz.
Dosierung von Gemcitabin und Cisplatin:
Die Kombination von Gemcitabin und Cisplatin: kann mit einer Zyklusdauer von 28 oder 21 Tagen verabreicht werden. Bei der Zyklusdauer von 21 Tagen treten weniger Nebenwirkungen auf, die Chemotherapiegaben müssen seltener ausgesetzt werden und die onkologische Wirksamkeit soll gleichwertig sein (Parra u.a., 2002).
Zyklusdauer 21 Tage:
Gemcitabin 1000 mg/m2 am Tag 1 und 8. Cisplatin 70 mg/m2 an Tag 1 oder 2.
Dosierung Gemcitabin als Monotherapie:
Zyklusdauer 21 Tage, Gemcitabin 1000 mg/m2 am Tag 1 und 8.
Dosisreduktion von Gemcitabin:
Auf 75 % bei Neutropenie unter 1000/μl und Thrombozytopenie unter 100 000/μl. Siehe oben (Kontraindikationen) für Pausierung oder Abbruch der Gemcitabin-Therapie.
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Literatur
Daneshmand S, Van der Heijden MS, et al. TAR-200 for Bacillus Calmette-Guérin-Unresponsive High-Risk Non-Muscle-Invasive Bladder Cancer: Results From the Phase IIb SunRISe-1 Study. J Clin Oncol. 2025 Jul 30:JCO2501651. doi: 10.1200/JCO-25-01651.
Lehmann u.a. 2003 LEHMANN, J. ; RETZ, M. ;
LIPPERT, C. ; ALBERS, P. ; STOCKLE, M.:
[Gemcitabine in advanced bladder cancer].
In: Urologe A
42 (2003), Nr. 1, S. 63–77
Parra u.a. 2002 PARRA, H. S. ; CAVINA, R. ;
LATTERI, F. ; SALA, A. ; DAMBROSIO, M. ;
ANTONELLI, G. ; MORENGHI, E. ; ALLOISIO, M. ;
RAVASI, G. ; SANTORO, A.:
Three-week versus four-week schedule of cisplatin and gemcitabine:
results of a randomized phase II study.
In: Ann Oncol
13 (2002), Jul, Nr. 7, S. 1080–1086
von der Maase et al., “Gemcitabine and cisplatin versus methotrexate, vinblastine, doxorubicin, and cisplatin in advanced or metastatic bladder cancer: results of a large, randomized, multinational, multicenter, phase III study,” J Clin Oncol, vol. 18, no. 17, pp. 3068–77, 2000.
English Version: Gemcitabine
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