Dr. med. Dirk Manski

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Offen-chirurgische Nierenteilresektion: Technik und Komplikationen

Die offen chirurgische Nierenteilresektion ist die Standardtechnik für organerhaltende Resektion von Nierentumoren wie das Nierenzellkarzinom. Minimalinvasive Alternativen sind die (robotisch assistierte) laparoskopische oder retroperitoneoskopische Nierenteilresektion (Novick, 2002).


Abbildung: Nierenteilresektion schematisch

Indikationen zur Nierenteilresektion

Imperative Indikationen:

falls technisch möglich: Nierentumoren bei Einzelnieren, bei bilateralen Tumoren, bei Niereninsuffizienz, bei hereditärem Nierenzellkarzinom.

Elektive Indikationen:

Die S3-Leitlinie gibt der Nierenteilresektion bei lokalisiertem Nierenzellkarzinom klar den Vorzug. Falls technisch möglich, soll bei T1-Tumoren und sollte bei T2-Tumoren eine Nierenteilresektion anstatt einer Tumornephrektomie durchgeführt werden (DGU, 2015).Retrospektive Vergleiche zwischen Tumornephrektomie und Nierenteilresektion bei T1-Tumoren zeigten eine bessere Prognose für die Nierenteilresektion. Dies wird mit einer Verminderung von kardiovaskulären Erkrankungen durch die bessere Nierenfunktion erklärt (Zini, 2009) (Weight, 2010). Die randomisierte EORTC-Studie (Tumornephrektomie vs. Nierenteilresektion) konnte diesen Effekt nicht demonstrieren (Van Poppel u.a., 2011).

Benigne Erkrankungen:

Kelchdivertikel, Doppelanlage mit funktionslosem (oberem) Anteil, Echinokokkuszysten, ...

Kontraindikationen

Gerinnungsstörungen. Die weiteren Kontraindikationen sind abhängig von dem Operationsrisiko und der Bedeutung der Nierenteilresektion für die Lebensqualität oder Lebenserwartung des Patienten.

Technik der Nierenteilresektion

Patientenvorbereitung:

perioperative Antibiotikaprophylaxe. Perioperativer Dauerkatheter und Magensonde. Periduralanästhesie wenn möglich und gewünscht. Manche Autoren bevorzugen die Einlage einer DJ- oder MJ-Harnleiterschiene bei geplanter großer Eröffnung des Nierenbeckenkelchsystems.




Operativer Zugang:

In den meisten Fällen wird der retroperitoneale Flankenschnitt verwendet, aber je nach Lage des Tumors ist auch ein transperitonealer ventraler Zugang (Rippenbogenrandschnitt) möglich. Aufsuchung des Harnleiters (anzügeln), von dort wird entlang der Vena cava (rechts) oder Aorta (links) nach kranial der Nierenhilus aufgesucht. Präparation der A. renalis mit Anzügeln. Präparation der V. renalis mit Anzügeln.

Renale Ischämie:

Kleinere Tumoren werden ohne Ischämie abgetrennt. Bei größeren Tumoren ist die Präparation unter Ischämie sinnvoll. Die zu tolerierende warme Ischämiezeit für die Niere ist je nach Autor unterschiedlich, sie sollte 30 min nicht überschreiten. Für eine Ischämie sind mehrere Techniken möglich: Bulldog-Klemme, Gefäßzügel (Rummel Tourniquet) oder Satinsky-Klemme zur Okklusion der Hilusgefäße. Der ischämische Schaden soll bei selektiver Klemmung der A. renalis geringer sein. Bei der kalten Ischämie wird vor der Nierenteilresektion die geklemmte Niere mit Eiswasser für mindestens 10 min gekühlt, die Ischämiezeit kann dadurch deutlich verlängert werden.

Die Gabe eines osmotischen Diuretikums wie Mannitol vor (und nach) Klemmung der Nierengefäße soll den Reperfusionsschaden nach renaler Ischämie senken. Als Mechanismus wird die Steigerung der Diurese und antioxidative Eigenschaften von Mannitol angegeben. Die Dosierung beträgt meist 25 g Mannitol. Trotz breiter Anwendung von Diuretika im Rahmen der Nierenteilresektion gibt es für diese Praxis keine belastbaren Daten (Cosentino u.a., 2012) (Power u.a., 2012).

Nierenteilresektion:

Je nach Lage und Größe des Tumors werden Tumorenukleationen, Keilexzisionen, Polamputationen oder in seltenen Fällen ex vivo-Präparationen mit Autotransplantation durchgeführt. Ein Sicherheitsabstand zum Tumor ist nicht notwendig, die Enukleation des Tumors in seiner Pseudokapsel ist statthaft (Minervini u.a., 2012). Wichtig ist ein makroskopisch tumorfreier Absetzungsrand.

Die Entfernung des Tumors ohne Ischämie wird mit Koagulation (monopolar, bipolar) oder Ultraschall-Messer durchgeführt. Bei der Präparation mit Ischämie ermöglicht die scharfe und stumpfe Präparation ohne Koagulation eine bessere Visualisierung der Schichten. Sichtbare Blutungsquellen werden umstochen oder mit Clips versorgt. Das eventuell eröffnete Hohlsystem wird fortlaufend verschlossen. Nach Freigabe der Ischämie können gezielt Blutungen umstochen werden. Anschließend wird der Parenchymdefekt mit tief durchgreifenden Parenchymnähten geschlossen. Durch die fortlaufende Parenchymnaht entsteht eine gute Hämostase. Hämostyptika (Markenprodukte wie Floseal, Tachosil, Surgiflo...) können die Hämostase unterstützen, durchgreifende Nähte überflüssig machen und die Operation vereinfachen Technik der Nierenteilresektion.

Lymphadenektomie bei der Nierenteilresektion:

Bei Tumoren mit T1–2 cN0 sollte keine Lymphadenektomie durchgeführt werden, da in einer großen EORTC-Studie kein Überlebensvorteil demonstriert werden konnte (Blom u.a., 1999 und 2009). Vergrößerte Lymphknoten sollten durch eine limitierte regionale Lymphadenektomie entfernt werden.

Drainage:

der Nierenloge nach einer Nierenteilresektion ist sinnvoll.

Harnableitung:

Manche Autoren bevorzugen die Einlage einer DJ-Harnleiterschiene oder MJ-Harnleiterschiene bei großer Eröffnung des Nierenbeckenkelchsystems. Dies ist möglich vor der Operation, über das eröffnete Hohlsystem oder über eine Pyelostomie nach Verschluss des Nierenparenchymdefekts. Weiterhin sollte für eine druckfreie Harnableitung ein transurethraler DK belassen werden, bis die Wunddrainage entfernt werden kann.

Nachsorge nach Nierenteilresektion

Allgemeine Maßnahmen:

Frühzeitige Mobilisation. Atemtherapie. Thromboseprophylaxe. Laborkontrollen (Hb, Kreatinin). Wundkontrollen und regelmäßige Untersuchung des Abdomens.

Analgesie:

idealerweise über einen Periduralkatheter. Schmerztherapie mit einer Kombination aus Nichtopioid und Opioid.

Kostaufbau:

Entfernung der Magensonde nach der Operation. Schluckweise Tee und klare Brühe am ersten postoperation Tag, dann Kostaufbau.

Drainagen und Katheter:

Eine schnelle Entfernung des Blasenkatheters nach unkomplizierter Operation ist möglich bei stabilen Patienten ohne Ureterstent innerhalb von 1--2 Tagen. Die Wunddrainage wird entfernt, wenn das tägliche Drainagevolumen deutlich unter 50 ml liegt. Patienten mit Ureterstents benötigen einen Blasenkatheter, bis die Entfernung der Wunddrainage möglich ist.

Komplikationen nach Nierenteilresektion

In der Tab. 1.1 werden vergleichend die Komplikationen zwischen Tumornephrektomie und Nierenteilresektion aus randomisierten und retrospektiven Studien dargestellt.

Tabelle 1.1: Vergleich der Komplikationen zwischen Tumornephrektomie und Nierenteilresektion (Corman u.a., 2000) (Poppel u.a., 2007).
Komplikationen Tumornephrektomie Nierenteilresektion
Schwere Blutungen 1,1 % 3,4 %
Blutverlust <0,5 l 96 % 87 %
Urinom 0 % 4 %
Reintervention 2,4 % 4,4 %
Mortalität 2 % 1,6 %

Blutungsrisiko:

das Risiko eines Blutverlustes über 500 ml beträgt bei der Nierenteilresektion 13 %. Postoperative Blutungen werden durch die radiologische Embolisation i.d.R. erfolgreich versorgt. Nachblutungen können jedoch selten die operative Revision mit Nephrektomie erzwingen. Eine seltene Ursache für eine zweizeitige Blutungskomplikation ist die Ausbildung von einem Aneurysma spurium [Aneurysma spurium nach Nierenteilresektion].


Aneurysma spurium nach Nierenteilresektion rechts in der CT: der Patient wurde mit einer zweizeitigen Harnblasentamponade auffällig, das Aneurysma wurde erfolgreich embolisiert. Mit freundlicher Genehmigung, Prof. Dr. K. Bohndorf, Augsburg.
Abbildung Aneurysma spurium nach Nierenteilresektion rechts in der CT

Urinextravasation:

die meisten Urinfisteln verschließen sich durch eine adäquate Nierenlogendrainage und Einlage eines Ureterkatheters von alleine [Urinom nach Nierenteilresektion].


CT eines Urinoms nach Nierenteilresektion links: in der Spätphase ist deutlich der Austritt von Kontrastmittel in das Urinom zu erkennen. Mit freundlicher Genehmigung, Prof. Dr. K. Bohndorf, Augsburg.
Abbildung CT eines Urinoms nach Nierenteilresektion links

Harnstau:

entsteht durch Hämaturie mit Koagelbildung.

Niereninsuffizienz:

eine passagere Niereninsuffizienz entsteht durch die Ischämie einer Einzelniere, es besteht auch die Gefahr einer terminalen Niereninsuffizienz.
Die Gefahr einer Hyperfiltrations-Nephropathie besteht bei der Entfernung von über 50 % der Nephrone. Frühzeichen sind eine Proteinurie und ansteigende Kreatininwerte. Die Therapie besteht in einer alimentären Proteinreduzierung und die Gabe von ACE-Hemmern.

Nachbarorganverletzung:

Leberrisse, Milzverletzung (Splenektomie), paralytischer Ileus, Darmverletzung, Peritonitis, Pankreasschwanzverletzung mit Ausbildung einer Pankreasfistel, Pneumothorax bei lumbalem oder thorakoabdominalem Zugang, Chylusfistel durch Verletzung von intestinalen Lymphgefäßen.

Allgemeine Komplikationen:

Wundinfektion, Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzinsuffizienz, Thrombose, Lungenembolie, Atelektasen, Pneumonie, akutes Nierenversagen.

Mortalität:

Durch Blutungen, Infektionen, Arrhythmien, akutes Nierenversagen, Lungenembolie in 2%.



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Literatur Nierenteilresektion

Blom u.a. 1999 BLOM, J. H. ; POPPEL, H. van ; MARECHAL, J. M. ; JACQMIN, D. ; SYLVESTER, R. ; SCHRODER, F. H. ; PRIJCK, L. de: Radical nephrectomy with and without lymph node dissection: preliminary results of the EORTC randomized phase III protocol 30881. EORTC Genitourinary Group.
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  English Version: Radical nephrectomy