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Therapie der Prostatahyperplasie (BPH) mit Medikamenten
- Benigne Prostatahyperplasie BPH 1/5): Definition und Epidemiologie
- BPH (2/5): Klinik und Komplikationen
- BPH (3/5): Diagnose
- BPH (4/5): Medikamente
- BPH (5/5): operative Therapie
Zusammenfassende Literatur Benigne Prostatahyperplasie (BPH): (Burnett und Wein, 2006) (DGU-Leitlinie Diagnostik, 2009) (DGU-Leitlinie Therapie, 2009) (EAU-Leitlinie: Oelke u.a., 2010).
Therapiealgorithmus der Benignen Prostatahyperplasie (BPH)
Zusammenfassende Literatur: (Reich u.a., 2006).
Operative Therapienotwendigkeit bei benignem Prostatasyndrom:
Unzureichende Wirkung oder Nebenwirkungen der medikamentösen Therapie, rezidivierender Harnverhalt, rezidivierende Harnwegsinfekte, rezidivierende Makrohämaturie, Harnblasensteine, postrenale Niereninsuffizienz und große Harnblasendivertikel sind eine operative Therapie des benignen Prostatasyndroms. Folgende Standardtechniken stehen zur Verfügung:
- Kleines Prostatavolumen (unter 40 ml): transurethrale Inzision der Prostata (TUIP), transurethrale Resektion der Prostata (TURP) oder Laser Vaporisation der Prostata.
- Mittleres Prostatavolumen (40–100 ml): TURP, endoskopische Enukleation der Prostata (EEP) oder Laser Vaporisation der Prostata.
- Großes Prostatavolumen (>75 ml): offene Adenomektomie oder EEP. Falls eine Harnblasendivertikelabtragung oder die Entfernung von großen Harnblasensteinen notwendig ist, kann eine Adenomektomie auch bei kleineren Prostatagrößen sinnvoll sein.
Medikamentöse Therapie des BPS:
Die medikamentöse Therapie des benignen Prostatasyndroms ist indiziert bei signifikanten und störenden Beschwerden und fehlender Notwendigkeit einer operativen Therapie (Chapple, 2004) (Oelke u.a., 2009). Zur Anwendung kommen folgende Medikamente: pflanzliche Extrakte, Alpha-Blocker, 5α-Reduktasehemmer, Phosphodiesterasehemmer, Anticholinergika und β3-Agonisten; teilweise werden Medikamente miteinander kombiniert.
Watchful Waiting bei BPS:
Watchful Waiting ist möglich bei fehlender Operationsnotwendigkeit und moderaten Symptomen des BPS ohne Therapiewunsch. Die Nichttherapie ist geeignet für Patienten mit geringen Beschwerden durch die BPH und einer Abneigung gegen eine medikamentöse Therapie. Es darf keine Notwendigkeit für eine operative Sanierung bestehen. Bei 40 % der Patienten bessern sich initial die Symptome ohne Therapie. 10–27 % der Patienten benötigen im weiteren Verlauf eine operative Therapie. Risikofaktoren für die Notwendigkeit einer operativen Therapie bei abwartendem Verhalten sind das Prostatavolumen (über 40 ml), die PSA-Konzentration (über 3,2 ng/ml) und der Schweregrad der Symptome (hoher IPSS).
Alpha-Blocker zur medikamentösen Therapie der benignen Prostatahyperplasie (BPH)
Die Alpha-Blocker sind die Medikamentengruppe der ersten Wahl zur Therapie von LUTS aufgrund von BPS. Zahllose randomisierte Studien haben für unten genannte Substanzen die Wirksamkeit und die Sicherheit der chronischen Therapie belegt. Weiterhin werden Alpha-Blocker unterstützend zum Dauerkatheter-Auslassversuch nach Harnverhalt verabreicht. Pharmakologie und Nebenwirkungen siehe Kapitel Alpha-Blocker.
Tamsulosin:
0,4 mg 1–0–0. Eine einschleichende Dosierung ist aufgrund der Alpha1-Selektivität nicht notwendig. Durch die OCAS (Oral Controlled Absorption System)-Galenik ist eine Einnahme unabhängig von den Mahlzeiten möglich.
Alfuzosin:
In der normalen Galenik von Alfuzosin) ist eine zwei- bis dreimalige Gabe am Tag erforderlich: 2,5 mg 1–1–1 oder 5 mg 1–0–1. Die Retard-Galenik ermöglicht die Einmalgabe von 5–10 mg 1–0–0. Eine einschleichende Dosierung ist nicht notwendig.
Silodosin
Silodosin ist ein neuer selektiver Alpha-Blocker mit geringer Wirkung auf den Kreislauf. Dosierung 8 mg 1-0-0. Dosisreduktion auf 4 mg bei Niereninsuffizienz.
Terazosin:
Medikament der zweiten Wahl aufgrund der Wirkung auf den art. Blutdruck, aber ggf. gut geeignet bei Patienten mit arteriellem Hypertonus. Startdosis am Abend mit 1 mg p.o., dann wöchentliche Steigerung der Dosis auf 2–5–10 mg 0-0-1 p.o. je nach Besserung der Symptome.
Doxazosin:
Medikament der zweiten Wahl aufgrund der Wirkung auf den art. Blutdruck, aber ggf. gut geeignet bei Patienten mit arteriellem Hypertonus. Startdosis am Abend mit 1 mg p.o., dann wöchentliche Steigerung der Dosis auf 2–5–10 mg 0-0-1 p.o. je nach Besserung der Symptome.
Vergleich der Alpha-Blocker bei benigner Prostatahyperplasie (BPH):
aus der Analyse placebokontrollierter Studien erscheinen Terazosin und Doxazosin effektiver, allerdings ist die Rate an Nebenwirkungen höher (v. a. Schwindel, Kraftlosigkeit). Als Vorteil für Alfuzosin und Tamsulosin sind die fehlende Notwendigkeit der Dosistitrierung und die geringere Nebenwirkungsrate zu nennen.
Begleitender arterieller Hypertonus:
in aktuellen kardiologischen Studien (ALLHAT, 2000) zeigen sich Alpha-Blocker für die Therapie der arteriellen Hypertonie den Beta-Blockern und ACE-Hemmern unterlegen, sie sind nicht mehr als Therapie der ersten Wahl bei Hypertonus zu empfehlen. Dies gilt auch bei begleitendem BPS mit arterieller Hypertension: sinnvoller ist die Therapie des arteriellen Hypertonus mit einem Medikament der ersten Wahl und die Therapie der BPH mit einem Alpha1A-selektiven Blocker.
5α-Reduktasehemmer bei benigner Prostatahyperplasie (BPH)
Durch die kompetitive Hemmung der 5α-Reduktase Typ 2 durch Finasterid wird Testosteron in der Prostata nicht mehr in das wirksame Dihydrotestosteron (DHT) umgewandelt. DHT ist das ausschließlich wirksame Androgen für die Prostata, somit ist ein weitgehend selektiver Androgenentzug für die Prostata möglich. Dutasterid, ein neuer 5α-Reduktasehemmer, wirkt auf Typ 1 und 2.
Die Folge der Finasteridtherapie ist die Schrumpfung der Prostata (7–13 ml in 12 Monaten), Abnahme des IPSS, Verbesserung des Harnflusses (0,6 bis 1,6 ml/s über Placebo) sowie die Verringerung des Risikos für einen Harnverhalt (3% vs. 7%), Makrohämaturie oder TURP (5% vs. 10%) (McConnell u.a., 1998). Durch die Schrumpfung der Prostata sinkt der PSA-Wert um bis zu 50 %, ein Ausgangswert vor Therapiebeginn ist wichtig für die Prostatakarzinom-Vorsorge.
Durch den Wirkmechanismus ist eine deutliche klinische Wirkung erst nach einer Therapiedauer von 1 Jahr zu erwarten. Je größer die Prostata, desto ausgeprägter der therapeutische Effekt.
Pharmakokinetik und Nebenwirkungen:
Die Sicherheit der Medikamente wurde in jahrelangen Studien dokumentiert, siehe Kapitel 5α-Reduktasehemmer. Beide Substanzen führen nach jahrelanger Einnahme zu einer Senkung der Neuerkrankungsrate an einem Prostatakarzinom (Andriole u.a., 2004). Dieses Ergebnis führte zur Initiierung von Prostatakarzinom-Präventionsstudien wie REDUCE [siehe Abschnitt Prävention des Prostatakarzinoms].Finasterid:
Dosierung 5 mg 1-0-0 p.o.
Dutasterid:
Dosierung 0,5 mg 1-0-0 p.o.
Phosphodiesterasehemmer (Tadalafil)
Glatte Muskelzellen der Prostata und Harnblase exprimieren auch Typ 4 und Typ 5 Phosphodiesterase. Randomisierte Studien zeigten, dass die Behandlung mit Tadalafil BPH-Beschwerden lindert (Laydner u.a., 2011). Im Vergleich mit Tamsulosin ist der Therapieeffekt mit Tadalafil vergleichbar, zusätzlich ist eine Verbesserung der erektilen Funktion nachweisbar (Oelke u.a., 2012). Tadalafil hat 2012 die Zulassung für die Therapie der BPS erhalten, die Dosierung beträgt 5 mg 1-0-0.
Anticholinergika bei benigner Prostatahyperplasie
Irritative Symptome ohne relevante Restharnbildung können mit Anticholinergika behandelt werden, das Risiko für einen Harnverhalt ist gering. Alternativ können bei Unverträglichkeit oder fehlender Wirksamkeit neu zugelassene β3-Agonisten wie Mirabegron eingesetzt werden. Bei signifikanter Obstruktion kann die Dämpfung der Harnblase mit einem Alpha-Blocker kombiniert werden. Die Nebenwirkungsrate wird durch die Kombinationstherapie erhöht.
Therapie der Nykturie
Die Nykturie ist ein quälendes Symptom, welches durch die BPH aber auch zahlreiche weitere Erkrankungen ausgelöst werden kann, siehe Abschnitt Nykturie. Wichtig ist der Ausschluss von internistischen Ursachen der Nykturie vor Beginn der Therapie: Kontrolle der Medikation, Ausschluss von kardialen, pulmonalen, neurologischen oder metabolischen Ursachen der Nykturie.
- Miktionstagebuch: zur Diagnose einer nächtlichen Polyurie und zur Diagnose von Harnblasenspeicherstörungen.
- Verhaltenstherapie: wichtig ist der Verzicht auf abendliche Flüssigkeit und Alkohol. Optimierung der Schlafhygiene.
- Urologische Therapie: konservative und interventionelle Therapie der BPH, insbesondere bei Miktionsbeschwerden und Restharn. Therapie einer überaktiven Harnblase bei Speicherbeschwerden.
- Desmopressin: falls die Nykturie trotz o.g. Maßnahmen persistiert, dann ist Desmopressin eine Option: 50 μg vor dem Schlafen für Männer, 25 μg vor dem Schlafen für Frauen (Han u.a., 2017). Pharmakologie, Kontraindikationen und Nebenwirkungen siehe Abschnitt Desmopressin.
Medikamentöse Kombinationstherapie des benignen Prostatasyndroms (BPS)
Eine sinnvolle Medikamentenkombination ist die Gabe eines Alpha-Blockers zur schnellen Symptomverbesserung und die Gabe von Finasterid oder Dutasterid zur langfristigen Schrumpfung der Prostata und Vermeidung eines Harnverhaltes. In aktuellen randomisierten Studien zeigt sich eine signifikante Verbesserung unter der Kombinationstherapie mit Alpha-Blockern und 5α-Reduktaseinhibitoren. Im weiteren Therapieverlauf kann der Alpha-Blocker nach 3–5 Monaten häufig abgesetzt werden.
Eine weitere sinnvolle Kombination ist die Gabe von Anticholinergika gegen irritative Symptome und Alpha-Blocker gegen obstruktive Symptome.
Phytotherapeutika bei benigner Prostatahyperplasie (BPH)
Monoextrakte oder Kombinationen von Pflanzenextrakten aus Sabal serrulata (Zwergpalme), Serenoa repens (Sägepalme), Pygeum africanum (afrikanische Pflaume), Beta-Sitosterone aus Hypoxis rooperi (afrikanische Gräser), Secale cereale (Roggen) und viele mehr, sind auf dem (lebhaften) Phytopharmakamarkt erhältlich. Vermutete Wirkungsweisen beinhalten die Hemmung der 5α-Reduktase (Serenoa repens), die Inhibition von Wachstumsfaktoren (Pygeum africanum), die Förderung der Apoptose (Serenoa repens), antiinflammatorische Wirkungen, Placeboeffekte und viele mehr. Nur wenige gut strukturierte randomisierte Studien belegen eine moderate Wirkung von Phytopharmaka. Die Wirkung von Serenoa repens (Sägepalme) ist am besten durch Studien abgesichert. Es existieren bisher keine Studien über die Langzeitwirkung.
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Literatur benigne Prostatahyperplasie (BPH)
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English Version: Medication for benign prostatic hyperplasia