Dr. med. Dirk Manski

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Nierenkrebs: Symptome und Diagnose


Zusammenfassende Literatur: EAU Guidelines RCC. Deutsche S3-Leitlinie Nierenzellkarzinom.


Sonographie der Niere in zwei Ebenen: kleines peripher wachsendes Nierenzellkarzinom pT1a (>  <). (1) Leber. (2) Schallschatten durch Rippen. Mit freundlicher Genehmigung, Dr. med. H. Kempter, Augsburg.
Sonographie der Niere: kleines peripher wachsendes Nierenzellkarzinom

Symptome (Klinik) des Nierenzellkarzinoms

Keine Beschwerden:

über 50 % der Nierentumoren werden zufällig im Rahmen der Bildgebung aufgrund anderer Erkrankungen entdeckt.

Klassische Symptomtrias:

des fortgeschrittenen Nierenkrebses: Flankenschmerz, Hämaturie und tastbarer abdomineller Tumor.

B-Symptomatik:

Nachtschweiß, Gewichtsverlust und Fieber.

Metastasen:

Husten, Atemnot, Knochenschmerzen, neurologische Ausfälle und Ikterus.

Paraneoplastische Syndrome:

Nierenkrebs hat in 20 % d. F. die Fähigkeit zur ektopen Hormonbildung, die zu paraneoplastischen Symptomen führen (Gold u.a., 1996).

Hyperkalzämie:

parathormonähnliche Substanzen, Vitamin-D3, Prostaglandine, Knochenmetastasen.

Polyglobulie und Hypertonus:

Renin- und/oder Erythropoetinproduktion.

Stauffer-Syndrom:

Das Stauffer-Syndrom ist ein reversibles Syndrom hepatischer Dysfunktion (AP, Bilirubin und Transaminasen erhöht, pathologische Blutgerinnung), welches wahrscheinlich durch Zytokine (z. B. IL-6) ausgelöst wird. In 70 % kann eine Normalisierung nach Nephrektomie erwartet werden.

Weitere Syndrome:

leukämoide Reaktion, Thrombozytose, Cushing-Syndrom, Hirsutismus, Gynäkomastie.

Untersuchung zur Diagnose von Nierenkrebs

Zusammenfassende Literatur: (Riccabona, 2003).

Basisuntersuchungen bei einem Nierentumor:

folgende Basisuntersuchungen sind immer indiziert: Labor, Sonographie Nieren und Leber, CT-Abdomen mit KM, alternativ MRT, Rö-Thorax p.a. und seitlich.

Laboruntersuchungen:

Kreatinin, Urin, BB, Calcium, Leberwerte, AP, LDH, Blutgerinnung.

Sonographie:

Meist echoarmer bis echogleicher Tumor in der Niere, zentral oder peripher wachsend [Abb. großes Nierenzellkarzinom und kleines Nierenzellkarzinom]. Zystische Tumoren sind in der Sonographie schwierig einzuschätzen [Abb. zystisches Nierenzellkarzinom]. Suspekte Raumforderungen der Niere erfordern die Durchführung einer abdominellen Computertomographie mit Kontrastmittel, alternativ MRT. Die Leber sollte auf Lebermetastasen untersucht werden. Mit Hilfe der Dopplersonographie kann bei fortgeschrittenen Tumoren der V. a. Veneninvasion gestellt werden.


Sonographie eines großen Nierenzellkarzinoms, peripher wachsend.
Sonographie der Niere: Nierenzellkarzinom (pT1)

CT-Abdomen:

Die Computertomographie ist Mittel der Wahl zur Diagnose bei V. a. Nierentumor [Abb. Nierenzellkarzinom im CT und zystisches Nierenzellkarzinom]. Neben dem präoperativen Staging kann die Nierenfunktion der Gegenseite eingeschätzt werden. Eine Lymphadenopathie von über 1 cm ist suspekt für eine lymphonoduläre Metastasierung.


CT-Abdomen bei pT3a Nierenzellkarzinom: horizontales Schnittbild (linkes Bild) und frontale Rekonstruktion (rechtes Bild): linksseitiges fortgeschrittenes Nierenzellkarzinom mit Infiltration in die Vena renalis. Mit freundlicher Genehmigung, Dr. G. Antes, Kempten.
CT-Abdomen bei Nierenzellkarzinom pT3b Nierenzellkarzinom.

Großes zystisches Nierenzellkarzinom (pT2bG2) in der Sonographie, CT und Makroskopie. Aufgrund der günstigen Lage und eingeschränkter Gesamtfunktion der Nieren wurde der Tumor trotz seiner Größe mit einer Teilresektion therapiert. Mit freundlicher Genehmigung, J. Menzinger (Bild links und rechts) und Prof. Dr. K. Bohndorf (Bild mitte), Augsburg.
Großes zystisches Nierenzellkarzinom (pT2bG2) in der Sonographie, CT und als Präparat

Großer Cavathrombus bei einem rechtsseitigen Nierenzellkarzinom in der CT (links horizontale und rechts frontale Ebene). (=>) markiert den Thrombus (links) und die kraniale Ausdehnung (rechts). Mit freundlicher Genehmigung, Prof. Dr. K. Bohndorf, Augsburg.
Abbildung Großer Cavathrombus bei einem rechtsseitigen Nierenzellkarzinom

Magnetresonanztomographie:

Das MRT ist indiziert bei Niereninsuffizienz, Kontraindikation für Kontrastmittel, bei zweifelhaften Befunden in der CT und bei V. a. Nachbarorganinfiltration. Das MRT mit Darstellung des rechten Vorhofs ist die beste Untersuchungsmethode für die kraniale Tumorzapfenausdehnung bei Cavathrombus.

Rö-Thorax oder CT-Thorax:

Die minimale Untersuchung zum Erfassen von Lungenmetastasen ist das Rö-Thorax, sie genügt bei kleinen Tumoren. Das CT-Thorax ist indiziert bei pathologischen Befunden im Rö-Thorax, bei Tumoren über 3 cm Größe oder bei pulmonalen Beschwerden.

Venocavographie oder transösophagealer Ultraschall:

bei V. a. V. cava-Thrombus und Kontraindikation für ein MRT.

Ganzkörper-CT (Low-Dose) oder Knochenszintigraphie:

indiziert bei fortgeschrittenen Nierenzellkarzinomen, bei erhöhter AP, bei Knochenschmerzen oder bei Metastasen in anderer Lokalisation zur Detektion von Knochenmetastasen.

Schädel-MRT:

mit Kontrastmittel bei klinischem V.a. cerebrale Metastasen.

Positronenemisionstomographie:

Die PET hat bisher keinen Nutzen in der Diagnostik des Nierenzellkarzinoms demonstrieren können. Für die Anwendung, auch bei fortgeschrittenen Tumoren, findet sich in den aktuellen Leitlinien keine Empfehlung.

Feinnadelbiopsie:

indiziert bei V. a. Nierenabszess, Lymphom, Metastasen oder zur histologischen Sicherung bei fortgeschrittenem Krankheitsstadium vor systemischer Therapie. Falsch negative Histologie in 5–15 %. Komplikationen der Biopsie sind Blutung, Infektion, arteriovenöse Fistel und Pneumothorax. Schwere Komplikationen und eine Tumorkontamination des Stichkanals sind sehr selten.

Genetische Diagnostik:

Genetische Tests und Beratung sind indiziert bei Patienten unter 46 Jahren, bilateralen oder multifokalen Tumoren, Patienten mit betroffenen erstgradigen oder zweitgradigen Verwandten oder mit Verwandten passend für ein hereditäres Nierenzellkarzinom (u.a. multifokal papilläre Histologie, HLRCC-Syndrom, multifokal chromophobe Histologie, succinatdehydrogenase-defizientes Nierenzellkarzinom).

Nierenkrebs-Vorsorge (Früherkennung)

Früherkennung mit Bildgebung:

Aufgrund der unspezifischen diagnostischen Möglichkeiten, der niedrigen Inzidenz des Nierenzellkarzinoms und der hohen Prävalenz von harmlosen gutartigen Nierentumoren ist eine Vorsorge (Screening, Früherkennung) mit Hilfe der Bildgebung für die allgemeine Bevölkerung nicht zu empfehlen. Folgende Risikogruppen eignen sich für Screening-Untersuchungen: Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz, tuberöser Hirnsklerose, von Hippel-Lindau-Krankheit, zystischen Nierenerkrankungen.

Experimentelle Früherkennung:

Die im Urin ausgeschiedenen Proteine Urine Aquaporin-1 (AQP1) and Perilipin-2 (PLIN2) zeigten sich in einer Studie für die Früherkennung mit Hilfe von Urinuntersuchungen geeignet (Morrissey et al., JAMA Oncol 2015).

Differentialdiagnose Nierentumor

Die Zusammenstellung ist modifiziert nach [Campbells 2007].

Entzündliche Nierentumoren:

Abszess, xanthogranulomatöse Pyelonephritis, infizierte Nierenzyste, Tuberkulose, rheumatische Erkrankungen mit Granulombildung.

Nierentumoren des reifen Nierenparenchyms:

Adenom, Nierenzellkarzinom.

Nierentumoren des unreifen Nierenparenchyms:

Wilms-Tumor, Sarkome.

Nierentumoren des Nierenbeckens:

Papillome, Urothelkarzinom, Plattenepithelkarzinom, Adenokarzinom.

Zystische Nierentumoren:

einfache oder komplizierte Nierenzyste, parapelvine Nierenzyste, benigne multilokuläre Nierenzyste, Kelchdivertikel, zystisches Nephrom, aut. rez. polyzystische Nierenerkrankung, aut. dom. polyzystische Nierenerkrankung, von-Hippel-Lindau-Syndrom, tuberöse Hirnsklerose, Lymphzysten.

Nierentumoren des Gefäßsystems:

Hämangiom, Hamartom, Lymphangiom, Angiomyolipom.

Nierentumoren des Nervensystems:

Neuroblastom, Sympathikoblastom, Schwannom.

Mesenchymale Nierentumoren:

Fibrom, Fibrosarkom, Lipom, Liposarkom, Leiomyom, Leiomyosarkom.

Perirenale Nierentumoren:

retroperitoneale Sarkome und andere mesenchymale Tumoren, Teratom, Neuroblastom, Lymphome, Lymphknotenmetastasen (Hodentumoren).

Nierenmetastasen:

Bronchialkarzinom, Mammakarzinom, gastrointestinale Karzinome, malignes Melanom, Lymphome.






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Literatur

DGU; DKG; DKG & Leitlinienprogramm Onkologie Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Nierenzellkarzinoms, Langversion 1.22017 https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/nierenzellkarzinom/.

Gold u.a. 1996 GOLD, P. J. ; FEFER, A. ; THOMPSON, J. A.: Paraneoplastic manifestations of renal cell carcinoma.
In: Semin Urol Oncol
14 (1996), Nr. 4, S. 216–22

Ljungberg, B.; Albiges, L.; Bensalah, K.; Bex, A.; Giles, R.; Hora, M.; Kuczyk, M.; Lam, T.; L.Marconi; Merseburger, A.; Powles, T.; Staehler, M. & Volpe, A. EAU Guidelines on Renal Cell Carcinoma
2018. https://uroweb.org/guidelines/renal-cell-carcinoma/

Morrissey, J. J.; Mellnick, V. M.; Luo, J.; Siegel, M. J.; Figenshau, R. S.; Bhayani, S. & Kharasch, E. D. Evaluation of Urine Aquaporin-1 and Perilipin-2 Concentrations as Biomarkers to Screen for Renal Cell Carcinoma: A Prospective Cohort Study.
JAMA Oncol 2015, 1, 204-212.

Riccabona 2003 RICCABONA, M.: Imaging of renal tumours in infancy and childhood.
In: Eur Radiol
13 Suppl 4 (2003), S. L116–29


  English Version: renal cell carcinoma: diagnosis